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Rundgang IAA 2019: Normal ist anders

Die IAA 2019 ist eine besondere Messe. Das dürfte mittlerweile jedem klar sein. Nicht nur, dass eine Vielzahl von Autobauern im Vorfeld absagte, auch der so deutlich nach außen und in Richtung IAA deutende Protest zeigt, dass wir es in diesem Jahr nicht mit einer „normalen“ Automesse zu tun haben.

Nun sind gewisse Proteste aus gewissen Ecken der Gesellschaft nicht neu und es gab darunter schon immer diejenigen, die durchaus berechtigt und ebenso vernünftig vorgetragen worden waren. Es gab wiederum auch immer schon andere, die lediglich die begrenzten kognitiven Fähigkeiten ihrer Initiatoren aufzuzeigen vermochten. Ironischerweise darf sich seit dem ersten Fachbesuchertag der Verband der Automobilindustrie als Ausrichter der IAA selbst zu letzteren zählen, lud er doch den IAA-Gastgeber, Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann, kurzerhand aufgrund zu kritischer Inhalte dessen geplanter Rede aus. Am selben Tag veröffentlichte Feldmann seine Rede im Internet - und VdA-Präsident Mattes, selbst erst seit gut 1,5 Jahren im Amt, erklärte seinen Rücktritt. Da kann man durchaus den Schluss ziehen: Es weht ein anderer Wind in diesem Jahr in Frankfurt.

Leere, Platz, Luft zum Atmen

Das zeigt auch das Bild im Inneren der Messehallen. Leere, Platz, Luft zum Atmen. Gab es früher: Selten. Wir beginnen unseren Messerundgang in der Festhalle, die seit Jahren Daimler-Heimat ist und bisher stets zu den festen Größen der IAA zählte. Mehrere Ebenen, viele ausgestellte Neuheiten und eine beeindruckende Inszenierung gab es in der Vergangenheit immer zu bestaunen. Und ja, mehrere Ebenen gibt es immer noch. Es ist auch eine beeindruckende Inszenierung, die die Stuttgarter auffahren. Die Inszenierung eines wohligen Nichts.

CLA-Shooting-Brake

Daimler: Are you afraid of heights?

Denn, es gibt schlichtweg nichts interessantes zu sehen. Ganz oben am Ende der Rolltreppe finden wir einen Glaskasten vor, aus dem man auf die im Erdgeschoss liegende Präsentationsfläche blicken kann. „Are you afraid of heights?“ prangt in großen Lettern daneben und scheint dabei vor allem den Hausherren für zehn Tage anzusprechen. Alles, was wir noch sehen, ist ein Ungetüm auf vier Rädern, das hoffentlich nicht sehr bald die Zukunft der Mobilität darstellen wird (Urbanetic). Vorbei an mit Pflanzen behangenen Sichtschutzwänden, hinter denen sich - Sie ahnen es - nichts verbirgt, geht es zu einem Elektro-Monoposto. Schön anzusehen ist es, doch es ist wieder so ein Gerät, das mit Sicherheit niemals auch nur annähernd so in Serie gehen wird. Auf dem Weg hinunter kommen wir an fünf gleichen CLA 200 Shooting Brake vorbei (no comment). Im Erdgeschoss steht sodann das Erprobungs-Sicherheitsfahrzeug ESF 2019, ein wenigstens einigermaßen spannender Technologieträger. Und auf der Präsentationsfläche warten die Plug-In-A-Klasse (wow!), die furchterregende „Friss-meinen-Sternenstaub“-Vision EQS und der durchaus interessantere EQV. Das war es mit Daimler. Haben Sie noch Fragen?

Mercedes-EQS

AMG-SUV mit sieben Sitzen? Ja, haben wir.

Ach, fast hätten wir es vergessen, standen doch im Entree die Kraftfahrzeuge, die Daimler momentan am meisten Geld bringen. SUV mit Verbrennungsmotoren nämlich. Der Aufschrei der Greenpeace-Jünger geht entweder im künstlichen Getöse der GLB 35 AMG-Abgasanlage oder aber im Stöhnen der Betrachter über die aufgerufenen Preise unter: Rund 67.000 Euro zahlt der gemeine Käufer eines GLB 200 schließlich aus der Portokasse. Immerhin gibt es dann sieben Sitze.

Wer sich übrigens auf die Neuauflage des Smart Fortwo freut, wird im Entree auf winziger Fläche (die übrige war leider schon für besagte SUV reserviert, u. a. auch das neue GLE Coupé) fündig. Große Neuerungen außer der frischeren Optik haben es allerdings leider nicht auf die Messe geschafft.

GLE-Coupe

Audi: Sportiv-skurril, aber wenig Neues

Weiter geht’s in die heilige Halle 3 des Volkswagen-Konzerns. Bei Audi setzt man auf einen ähnlichen Mix wie im Hause Daimler. Seltsam anmutende Studien (u.a. Audi AI:TRAIL, allesamt uninteressant) wechseln sich mit rot und silber lackierten S- und RS-Modellen ab. Es stehen aber vergleichsweise viele Autos auf dem Stand der Ingolstädter. Die Highlights unter den demnächst käuflichen Fahrzeugen sind ganz klar RS6 Avant und RS7 Sportback. Wer es etwas normaler möchte, findet auch den neuen A6 Allroad oder die gelifteten Q7 und A5-Modelle.

Audi-AI-Trail2

Volkswagen: Das ewige Spiel mit sich selbst

VW direkt daneben ist dafür nach wie vor ziemlich stark mit sich selbst beschäftigt. Die Wolfsburger feiern ihr neues Logo und die Einführung des ID.3, der in gefühlt 200 Varianten auf dem Stand vertreten ist. Daneben stehen der neue e-Up! (wichtig: mit neuem Logo!) und die übrige ID-Familie bereit. Sie wissen schon, das sind die „Autos“, die nach Vorstellung von VW ohne Lenkrad auskommen können. Irgendwann. Natürlich hat Volkswagen auch die Bulli-Studie dabei, die schon extrem viele Kilometer auf dem Tacho haben muss, tingelt sie doch seit 2001 über sämtliche Messen dieser Welt und geht stets „nächstes Jahr in Serie“.

VW-ID3

Porsche: Taycan, Taycan und ein bisschen Verbrennermusik

In direkter Nachbarschaft stehen einige interessante Preziosen aus Stuttgart-Zuffenhausen. Allen voran natürlich der neue Porsche Taycan Turbo (S) in mehreren Farben. Und ja, es ist live ein durchaus beeindruckendes Automobil, gedrungener als ein Panamera. Es mimt den viertürigen Neunelfer nahezu perfekt, ohne, dass man im Inneren Platzangst verspüren würde. Hier ist vor allem haptisch alles: ganz großes Kino. Und wo wir gerade dabei sind: Das Beifahrerdisplay finden wir ziemlich affig, vor allem aufgrund des deutlich sichtbaren Steges im Übergang zum normalen Navigationsbildschirm. Aber sei es drum, ein Auto mit dem „Habenwolleneffekt“. Sie haben es mal wieder geschafft.

Porsche-Taycan1

Lamborghini, Skoda, Seat und die Fanta 4

Wer nicht so sehr (oder nur ein bisschen) auf Elektro steht, kommt aber auch auf seine Kosten. Oben warten der neue Macan Turbo (Achtung, SUV!), der Cayenne Turbo S E-Hybrid (Achtung, SUV!) sowie Cayman GT4 und 718 Spyder auf ihre Be-schau. Und nicht ganz mit der Benzinverbrennung aufhören möchte man offensicht-lich bei Lamborghini: Der neue Siān ist ein monströser Hingucker samt elektrounterstütztem V12. Vor lauter Begeisterung darüber sind wir danach auch gar nicht mehr zum Skoda-Stand gelaufen und von Seat haben wir nur gehört, dass der el-Born (das Elektro-Pendant zum VW ID.3) sowie der Auftritt der Fantastischen Vier recht sehenswert gewesen sein sollen.

Lamborghini-Sian

Honda E: Der heimliche Star der gesamten Messe

Weiter zu: Halle 9! Hier geben vor allem chinesische Hersteller den Ton an. Sie verkaufen hierzulande zwar so gut wie kein Auto, doch wenn der Preis stimmt und sonst keiner kommt, kann man wohl auch mal auf eine deutsche Automesse gehen. Plagiatsvorwürfe sind dabei sicherlich schon eingeplant. Recht unprätentiös zeigt sich schräg gegenüber ein heimlicher Star der IAA 2019: Der Honda E. Ein wunderbar gezeichneter, auf das Wesentliche reduzierter Kleinwagen mit Elektroantrieb. Die Messefahrzeuge machten einen mehr als hochwertigen Eindruck, das volldigitale Interieur mit fünf über die gesamte Breite gehenden Displays hat uns begeistert. Zwei sechs Zoll große Bildschirme ersetzen in Verbindung mit kleinen Kameras an den Türen die herkömmlichen Außenspiegel. Sie möchten die Daten? 100 oder 113 Kilowatt Leistung, rund 220 Kilometer Reichweite nach WLTP, ab 33.850 Euro vor Umweltbonus. Leider sollen vorerst nur 5.000 Exemplare pro Jahr ihren Weg nach Deutschland finden. Reservierbar ist der kleine Japaner ab sofort, die ersten Auslieferungen sollen im Frühsommer des nächsten Jahres erfolgen.

Honda-E

Ford: Wir üben das

Bei Ford hingegen setzt man einen knackigen Gegenpol zu all der SUV-Hysterie und stellt den neuen Explorer in knallroter Farbe so prominent vor den Stand, dass man alle anderen Fords gar nicht mehr erkennt. Immerhin ist auch der Explorer ein Plug-In-Hybrid, man hat das auch extra nochmal auf die Seite gezeichnet. Und es ist angesichts des Designs des neuen Puma vielleicht gar nicht so schlecht, wenn man diesen nicht sofort sieht. Wir ersparen Ihnen ein Bild.

Ford-Explorer-Europe-2020-back2

Land Rover: Defender - und dann kam nix

Nicht ersparen wollen wir Ihnen jedoch den Auftritt von Land Rover in Halle 11. Die wissen anscheinend selbst, dass sie nichts Besseres zu bieten haben, daher stehen etwa 100 Exemplare des neuen Defender herum. Und der wird dementsprechend frequentiert, weshalb wir in einem Extra-Beitrag ganz genau auf ihn eingehen möchten. Jaguar war übrigens auch da, wir fragen uns allerdings bis heute, warum eigentlich?

Landrover-Defender

BMW: Warum sind wir nochmal hier?

Warum BMW nicht mehr die ganze Halle 11 (wie früher) besetzt, wird angesichts des traurigen Auftritts nun auch klar. Die Münchener haben ihr Pulver schon über das Jahr 2019 verschossen, scheint es. Und was sie sich bei dem Concept 4 gedacht haben, können sie vermutlich nur selbst erklären. Die Front zieht selbst den aktuellen BMW-Einheitslook einer krankhaft vergrößerten Niere ins Lächerliche, Seiten- und Heckdesign sind nach dem fast vollständigen Verlust des Hofmeister-Knicks vom gefälligeren A5 Coupé abgekupfert. Quo vadis, BMW? Bitte nicht in diese Richtung. Da hilft auch das im dunklen Spiegelsaal versteckte X6-Konzeptauto „Vantablack X6“ nicht weiter, denn das geht so ohnehin nicht in Serie - wenngleich der optische Effekt beeindruckend ist. Aber das Zurschaustellen unrealistischer Studien ist ja auch bei der Konkurrenz gelebter Unfug.

BMW4er

Auf den Elektro-Mini haben wir tatsächlich gewartet

Konzerntochter Mini zeigt dafür mit einigen ausgestellten Cooper S E endlich die serienreife Elektrovariante des normalen Mini Cooper S. Diese startet ab 32.500 Euro auf dem Niveau des bereits erwähnten Honda E und soll sogar auf eine ähnliche Reichweite kommen.

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Mit einem weiteren kurzen Blick auf zwei Kleinwagen endet unser Rundgang über die IAA 2019. Opel besinnt sich seiner Wurzeln und stellt ein paar Altwagen neben den neuen Corsa, der gerade äußerlich ein durchaus attraktives Auto geworden ist. Seine Nähe zum PSA-Konzern, der nicht auf der IAA vertreten ist, kann er aber nicht verleugnen. Dafür erfreut Hyundai mit einem runderneuerten i10, der nicht nur mit einem frischen Auftritt und einem hochwertigen Cockpit, sondern als „N-Line“ auch mit einem 100 PS starken Turbomotor punkten soll. Eine seltsame Coupé-Studie, bei der man nicht weiß, wo vorne und hinten ist, haben allerdings auch die Koreaner dabei.

Hyundai-i10

Fazit: Ratlos

Es herrscht also am Ende des Rundgangs eine gewisse Ratlosigkeit. Nicht nur beim Publikum, wofür man jetzt (und noch bis zum 22. September 2019) die 13 Euro fürs Tagesticket ausgeben soll, sondern ganz offensichtlich auch bei den Herstellern selbst. Diejenigen, die noch anwesend sind, scheinen dies vor allem aus verkapptem Pflichtgefühl zu sein - eine Überzeugung, eine Strategie oder auch nur eine Vorstellung von der überall und auf jedem Stand gepriesenen „Mobilität der Zukunft“ haben sie aber offensichtlich nicht. Doch übertriebener Aktionismus hilft über diese Phase ebenso wenig hinweg wie stilles Aussitzen. Es müssen Lösungen her, die von allen Seiten getragen werden, die einen politischen wie rechtlichen Konsens bekommen und die vor allem diejenigen bestärken, sich dem Thema Auto erneut oder erstmalig zu nähern, die die Autohersteller am Leben erhalten: Deren Kunden. Dann klappt’s vielleicht auch wieder mit einer IAA. (Text: Maximilian Planker | Bilder: Hersteller)

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