
Erster Test Mazda 6e (2025): Der große Wurf bleibt aus
Der Mazda 6e auf einen Blick
- Elektro-Limousine ersetzt den Verbrenner
- Japanisch-chinesische Gemeinschaftsentwicklung
- Reichweite zwischen 479 und 552 Kilometer
- Schwächen bei Bedienung und Ladeleistung
- Grundpreis (Deutschland) ab 44.900 Euro
Interieur und Platz: Hier punktet der chinesische Japaner
Üblicherweise sollte man sich ja nicht selbst zitieren, in diesem Fall machen wir aber eine Ausnahme. „Wenn der Mazda 6e jetzt auch noch wie ein Mazda fährt und nicht wie ein typischer Chinese, dann könnte das Auto ein großer Wurf werden“, stellten wir anlässlich der Vorstellung der elektrischen Limousine hier bei Autoscout24 fest. Und gleich gehen wir dieser Frage auch nach. Aber erst einmal Platz nehmen in dem chinesisch-japanischen Schlitten, der von Mazda gemeinsam mit der Changan Automobile Group entwickelt wurde und im Werk von Nanjing gebaut wird.
Zunächst staunen wir über das Interieur des Stromers, der den über eine Million Mal verkauften Verbrenner ersatzlos ersetzt. Das ist nicht nur Mittel- sondern sogar Oberklasse. Überall feine und weiche Materialien. Fast alle Flächen sind unterschäumt und bezogen, auf Wunsch sogar mit Nappa-Leder. Das gedämpfte Ambiente-Licht und ein optisch aufgeräumtes Armaturenbrett sorgen für eine entspannte Feierabend-Atmosphäre. Alles ist sauber verarbeitet und stimmig komponiert. Das Einzige, was stört, ist die hohe Sitzposition, was den Batterien im Unterbau geschuldet ist. Man hat immer das Gefühl, dass man den Fahrersitz noch absenken müsste. Aber man gewöhnt sich daran. Ansonsten hat man ausreichend Platz. Vorne wie hinten, möglich macht es der Radstand von 2,90 Metern.
Bedienung & Ausstattung: Lust und Frust liegen eng beieinander
Wer auf dem Armaturenbrett Knöpfe und Tasten sucht, der wird nur auf dem Lenkrad fündig. Hier gibt es Regler für die Laustärke, teilautonome Fahrfunktionen und zwei individuelle belegbare Favoriten-Tasten. Alles andere muss über den 14,6 Zoll großen Multimedia-Bildschirm gesteuert werden. Und da liegt der Hase im Pfeffer. Wer beispielsweise die Seitenspiegel einstellen will, muss sich erst einmal durch das umfangreiche Menü quälen. Einstellungen aufrufen, Spiegel anklicken, Seitenspiegel auswählen – das alles passiert auf dem Display. Und jetzt wird es unlogisch. Die Feinjustierung nimmt man dann wiederum auf den Lenkrad-Tasten vor. Auch die Scheibenwischer stellt man im Menü ein. Genauso wie die Fahrmodi. Das ist umständlich und manchmal auch ärgerlich. Aber auch typisch chinesisch. So wenig Knöpfe wie nötig, so digital, wie möglich. Ausbaden muss diese Philosophie leider der Anwender. Der digitale 10,25 Zoll große Tacho glänzt mit einer schönen Grafik, ist aber leider optisch überfrachtet, die Tempo-Angabe geht dabei fast unter. Übersichtlicher präsentiert sich das 50 Zoll große Head-up-Display, das mit animierten Pfeilen beim Navigieren hilft und schon bei der Serien-Ausstattung dabei ist.
Damit sind wir beim großen Pluspunkt dieses Autos: Hier bekommt man wirklich was für sein Geld. Die Ausstattungslinie Takumi hat mit Ausnahme von Nappaleder, dem ein oder anderen Holzdekor und einem elektrischen Sonnrollo für das Panoramaglasdach alles, was man braucht. Sogar einen farbigen Touchscreen im Fond für die Bedienung der Klimaanlage. Auch beim Platz fürs Gepäck punktet der Mazda 6e: Der Kofferraum bietet 466 bis 1074 Liter, wenn die im Verhältnis 60:40 teilbare Rücksitzbank umgeklappt wird. Der Frunk vorne packt mit 72 Liter weitaus mehr als nur das Ladekabel. Hier hat sich Mazda eine schöne Idee einfallen lassen: Als Zubehör kann man sich für diesen Laderaum ein genau passendes und herausnehmbares Körbchen bestellen und ist somit für den jeden Einkauf gerüstet. Auch für den spontanen.
Akku und Reichweite: Long-Range-Modell mit Ladeschwäche
Angetrieben wird die in zwei Varianten erhältliche Elektro-Limousine am Heck, und zwar entweder mit 258 oder mit 245 PS. Absurd: Das Modell mit der geringeren Leistung hat eine größere Batterie (80 statt 68,8 kWh) und damit auch eine höhere Reichweite. Also 552 statt 479 Kilometer. Dafür „tankt“ der Akku nur mit mickrigen 90 statt mit 165 kW (DC). An der Schnelladesäule zeigt sich ein enormer Unterschied. Die Long-Range Variante braucht stattliche 47 Minuten, um den Akku von 10 auf 80 Prozent zu bringen – das Basis-Modell nur 24 Minuten. Wir meinen: 70 Kilometer mehr Reichweite für 1.600 Euro Aufpreis und eine schlechtere Ladeleistung – da dürfte kaum ein Käufer anbeißen. Und so rechnet auch Mazda nur mit einem zehnprozentigen Verkaufs-Anteil der Long-Range-Variante.
Gefahren sind wir deshalb das „vernünftige“ Modell. Die Motorisierung ist ausreichend, wenn auch nicht atemberaubend. 7,6 Sekunden braucht die Limousine von 0 auf 100. Unnötig ist der künstliche Motorsound, man kann ihn aber Gottseidank abschalten. Zwischen den Fahrstufen Komfort und Sport haben wir kaum einen Unterschied festgestellt. Kein Wunder, der Mazda 6e hat kein verstellbares Fahrwerk. Auf Sport wirkt die Gasannahme spontaner und kraftvoller, die Lenkung direkter. Auf Komfort hat sie zu wenig Rückmeldung, das Lenkgefühlt ist eckig. Man muss oft nachjustieren. Schade, auch das sind wir von Mazda anders gewöhnt. Der Verbrauch lag bei batteriefreundlichen Temperaturen und überwiegend flachem Gelände bei 16 kWh auf 100 Kilometern und damit auf der Höhe der offiziellen Angaben.
Erstes Fazit
Umständlich, aber schön! Der Mazda 6e beeindruckt durch sein gelungenes Design, das Interieur ist echt (Ober-)Klasse. Bei den inneren Werten schwächelt das Auto. Die Bedienung ist unübersichtlich und teilweise auch unlogisch. Beschleunigung und Fahrwerk sind ok – die Lenkung ist ebenfalls eher chinesisch als japanisch. Wer sich daran nicht stört, bekommt ein Elektroauto mit passabler Reichweite zu einem guten Preis-Leistungsverhältnis. Der große Wurf, den wir noch nach der statischen Vorstellung gewittert hatten, entpuppt sich im Praxistest leider nur als kleines Würfchen. (Text: Rudolf Bögel | Bilder: Hersteller)
Technische Daten
Modell | Mazda 6e (Heckantrieb) |
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Leistung | 245 PS / 180 kW (Long‑Range) oder 258 PS / 190 kW (Standard) |
Batteriekapazität | 68,8 kWh (Standard), 80 kWh (Long‑Range) |
Reichweite (WLTP) | 479 km (Standard), 552 km (Long‑Range) |
Ladeleistung (DC) | ca. 165 kW (Standard), ca. 90 kW (Long‑Range) |
Antrieb | Heckantrieb |
Beschleunigung (0–100 km/h) | 7,6 s (Standard); 7,8 s (Long‑Range) |
Höchstgeschwindigkeit | ca. 175 km/h |
Verbrauch (kombiniert) | ca. 16,6 kWh/100 km (Standard); ca. 16,5 kWh/100 km (Long‑Range) |
CO₂‑Emissionen (kombiniert) | 0 g/km für beide Varianten |
CO₂‑Klasse | A (für beide Versionen) |
Radstand | 2,895 m |
Kofferraumvolumen | 466–1.074 Liter |
Frunk‑Volumen | 72 Liter |
Grundpreis Deutschland | ab 44.900 Euro(Standard), ab 46.500 Euro (Long‑Range) |
Fahrzeuggewicht (Leergewicht) | ca. 1 953 kg |
Anhängelast (gebremst) | 1.500 kg |