Test Xpeng G6 RWD Long Range: Der Model-Y-Endgegner

Der Xpeng G6 RWD Long Range als Vor-Facelift überrascht im Test mit hoher Effizienz, schnellem Laden und guter Qualität. Auf Langstrecken kann er besonders dem Tesla Model Y gefährlich werden. Komfort und Technik überzeugen, nur bei Assistenten und Bedienung gibt es noch Luft nach oben.

Der Xpeng G6 RWD Long Range auf einem Blick

  • SUV-Coupé mit 800-Volt-Technik
  • 87,5 kWh große Batterie
  • 270 kW Ladeleistung (10-80% in 20min)
  • Hochwertiger Innenraum
  • Schwächen bei Bedienung und Assistenz
  • Grundpreis (Facelift) ab 47.600 Euro

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Das Vor-Facelift im Test: 460 Kilometer Langstrecke ohne Laden

Gleich vorweg: Ja, es handelt sich hier noch um einen Test zum Vor-Facelift. Das hat sich diesmal etwas überschnitten, aber dennoch wollen wir euch die Erfahrungen mit dem Xpeng G6 RWD Long Range natürlich nicht vorenthalten. Es sind sehr spannende Eindrücke, die wir auch auf der Langstrecke zwischen der Weltmetropole Gießen und dem Kleinod an der Isar, namens München, sammeln konnten.

Es gelang gar, den 800-Volt-Chinesen mit einer 90-Prozent-Füllung (man war sich da selbst im Weg, das Ladelimit über Nacht auf 100 Prozent zu stellen) über 460 Kilometer und ohne Ladestopp von Bayern nach Hessen zu fahren – das haben wir so, und vor allem ohne "Hypermiling", auch noch nicht geschafft. Freilich mögen die CLAs und andere rundgelutschten Windtunnelstromer nun im Rennen sein, aber für ein 4,75 Meter langes SUV mit Platz für fünf nebst Gepäck ist das schon eine Ansage. Zumal der Akku mit netto 87,5 kWh nicht überdimensioniert ausfällt. Die große NMC-Batterie ist derweil nicht mehr bestellbar, seit Juli 2025 ist nur noch ein kleinerer LFP-Speicher mit 80 kWh erhältlich.

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Ladeleistung & Verbrauch: Das eine hoch, das andere niedrig

Macht aber das Kraut nicht fett, denn mit dem vorgezogenen Modelljahreswechsel steigt die maximale DC-Ladeleistung von potenten 280 auf erstaunliche 451 kW – es fehlen nur noch die entsprechenden Säulen (AC-Laden geht mit maximal 11 kW). Wir können jedenfalls bestätigen, dass die 280 kW der 2024er-Variante stets erreicht werden und Ladevorgänge von etwa 10 auf 80 Prozent in gut 20 Minuten abgehandelt sind. Schließlich mussten wir von Hessen auch erst mal nach Bayern kommen, und da haben wir das genaue Gegenteil probiert – Pedal to the Metal, gib dem Stromer Saures. Anders als ein etwas spaßbefreiter ID.4 fährt der Xpeng G6 nämlich 200 km/h und kann so in kurzer Zeit - theoretisch - auch wirklich Strecke machen.

Doch man ahnt es: Recht weit kommt das SUV-Coupé in der Praxis dann nicht, und nach zwei Ladestopps auf 460 Kilometern ist der marginale Zeitvorteil auch wieder dahin – ganz gleich, wie schnell das Auto nun auch laden kann. Mit etwa sechs Stunden und ein paar Zerquetschten waren wir bei beiden Fahrten immer dabei – es kann sich also lohnen, eine ruhige Gangart einzulegen. Dann steht man erstens nicht sinnbefreit in der Gegend herum und zweitens braucht der Xpeng G6 so gefahren nur zwischen 15 und 18 kWh auf der Autobahn. Da zeigt er dann wohl auch so manchem Model Y die lange Nase.

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Innenraum: Tesla und Mercedes im Blick

Ohnehin scheint das Fahrzeugkonzept deutlich auf den Tesla abzuzielen. Design, Raumangebot – sogar die Modellbezeichnungen wirken sehr aus dem Muskischen Reich übernommen. Ist das schlecht? Höchstens für die Amerikaner. Anders als deren SUV braucht es hier nicht erst ein Facelift, um qualitativ ganz weit vorne mitzuspielen. Der Innenraum ist von einer Güte, die selbst der deutschen Premiumgesellschaft gefährlich nahe kommt.

Man braucht sich nur Gangwahl- und Blinkerhebel sowie ein paar andere Knöpfe im Dachhimmel anzuschauen, und man sieht, welcher Autobauer aus Süddeutschland als Referenz diente. „Das Beste oder nichts“ scheint demnächst wirklich aus dem Reich der Mitte zu kommen. Ja, die ansonsten k(n)opflose Bedienung einzig über das 15-Zoll-Mittendisplay braucht etwas Gewöhnung und birgt ein gewisses Ablenkungsrisiko – ansonsten hat man aber alles an Bord, was man braucht. Und sogar noch viel mehr. Alles Serie versteht sich. Sogar zwei induktive Ladeschalen für die Smartphones von Fahrer und Beifahrer, die nicht nur die Telefone verglühen lassen, sondern wirklich auch Energie reinladen. Ein Handschuhfach wäre noch ein Schmankerl – ebenso wie eine eigene Klimazone für die Hinterbänkler.

Ansonsten sitzt es sich auf den klimatisierten Kunstlederbezügen recht angenehm. Platz ist vorn wie hinten in ausreichendem Maße vorhanden, und auch der 571 Liter große Kofferraum ist tauglich für eine ausgedehnte Urlaubsfahrt. Auf einen Frunk wird verzichtet. Dagegen legte man großen Wert auf eine superbe Soundanlage - Xopera getauft. Und die hält, was der Kunstname verspricht!

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Fahreindruck: Souverän, ohne herauszustechen

Und wie fährt sich der hinterradgetriebene G6 nun? Recht ausgewogen, wobei es einige Zeit dauert, bis man sich an das Fahrwerk gewöhnt hat. Stahlfedern gelten als gesetzt, adaptiv regelbar ist hier nichts. Es ist eine Mischung aus sportlicher Härte und massigem Komfort – so, wie es wohl vordergründig fernöstliche Kunden schätzen. Dass bisweilen hölzern über Querrillen und schlechtes Straßenwerk abgerollt wird, muss akzeptiert werden. Hinterbänkler klagten auch schon mal über einen flauen Magen.

Die getestete RWD-Long-Range-Variante des Xpeng G6 stellt ferner 210 kW / 286 PS und 440 Nm bereit, ausreichend, um die 2,1 Tonnen in gut 6,5 Sekunden auf Landstraßentempo zu beschleunigen. Verbesserungswürdig erscheint dagegen die Lenkung. In der Stadt zu leichtgängig, auf der Autobahn zu schwergängig und mit wenig Gefühl beseelt.

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Assistenz mit Tücken

Nachbesserungsbedarf besteht zudem bei den Assistenten. Besonders die Spur in Autobahnbaustellen kann der Autopilot nicht halten. Und das trotz 12 (!) Kameras und 17 Ultraschall- und Millimeterwellenradaren. Schnell kommen die Systeme mit wechselnden Fahrbahnmarkierungen an ihre Grenzen und geben die Verantwortung an den Fahrer zurück. Doch selbst auf nagelneuen Autobahnabschnitten steigen die Assistenten oftmals aus, erkennen falsche Tempolimits oder mögen nicht der Spur folgen.

Als Sicherheitsfunktion erlaubt es der Xpeng G6 zudem nicht mehr, den Autopiloten zu aktivieren, wenn für längere Zeit eine Inaktivität des Fahrers festgestellt wurde. Doch selbst wenn man beide Hände stets am Lenkrad belässt, kann dieser Fehler auftreten. Der Autopilot ist dann bis zum Neustart des Fahrzeugs nicht verfügbar.

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Fazit

Einen solch positiven Ersteindruck hätten wir dem Xpeng G6 kaum zugetraut. Für einen Hersteller, der vor zehn Jahren noch kein Auto auf der Straße hatte, ist die Lernkurve enorm. Bezieht man sich nur aufs Fahren, so funktioniert die eingesetzte Technik im Alltag ohne großen Tadel. Auch die Batterie- und Ladetechnik kann überzeugen. Nachholbedarf herrscht dagegen bei der Bedienung und beim Thema Assistenzsysteme. (Text und Bild: Thomas Vogelhuber)

Technische Daten


Modell XPeng G6 Long Range RWD (2024)
Systemleistung 286 PS (210 kW)
Drehmoment 440 Nm
Elektromotor Permanenterregter Synchronmotor, Heck
Antrieb & Getriebe Heckantrieb, stufenlos/1‑Gang‑Reduktion
Batteriekapazität 87,5 kWh (NMC)
Elektrische Reichweite (WLTP) 570 km
Verbrauch (kombiniert WLTP) 17,5–18,2 kWh/100 km
CO2-Klasse A
Ladeleistung (AC) 11 kW (dreiphasig)
Ladeleistung (DC Schnellladung) bis zu 280 kW (10–80 % in ca. 20 min)
Beschleunigung (0–100 km/h) 6,7 s
Höchstgeschwindigkeit 200 km/h
Abmessungen (L × B × H) 4,753 m × 1,920 m × 1,650 m
Radstand 2,890 mm
Leergewicht ca. 2.025 kg
Kofferraumvolumen 571 l (bis zu 1.374 l bei umgeklappten Sitzen)
Anhängelast gebremst: ca. 1.500 kg, ungebremst: 750 kg
Grundpreis (Deutschland) ab 47.600 Euro

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