Test Hyundai Ioniq 9 mit 160 kW (2026): (T)Raumschiff auf Rädern

Der Hyundai Ioniq 9 zeigt im Test viel Komfort, Platz und moderne Elektrotechnik. Doch der SUV-Riese aus Südkorea kämpft mit hohem Verbrauch, eingeschränkter Reichweite und einigen Schwächen bei Türgriffen und Assistenzsystemen. Ein luxuriöser Van-Ersatz, aber nicht ohne Kompromisse.

Der Hyundai Ioniq 9 160 kW auf einen Blick


Was uns gefällt

Qualität und Raum.

Was wir vermissen

Die Gegensprechanlage für die dritte Sitzreihe

Ideal wenn …

… Parkraum nicht das Problem ist.

Die Alternativen

Etwas günstiger: Kia EV9; Etwas teurer: Cadillac Vistiq, Volvo EX90


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Getarnt als Kühlschrank

Wir kennen das eigentlich nur aus dem Mercedes-Testwagenfuhrpark: große weiße Autos. Sie sind dem Fotografen genauso unliebsam wie schwarze Fahrzeuge. Dass schöne Lacke zudem so manchen Designpatzer korrigieren können, gehört ebenso zum Kalkül der Farbpalette. Weshalb man den Klassensieger der Kategorie "Premium" beim German Car of the Year Award, den Hyundai Ioniq 9, dann als Kühlschrank tarnt, ist uns nicht bekannt. Er kann übrigens nicht nur kühlen (und heizen), sondern wirklich fahren - trotz des lediglich 160 kW / 218 PS starken Heckantriebs im Testprobanden.

Die Nummer mit dem Kühlschrank kam uns auch wegen der von Elektrogeräten inspirierten Effizenztabelle in den Sinn, deren A- bis G-Kennzeichnung mittlerweile selbst bei Neuwagen Anwendung findet. "A" ist toll und "G" ist sozusagen der automobile Mephisto höchstpersönlich. Wer so etwas fährt, klaut auch Kindern Lollis und mag keine Eisbären. Aber wir fragen uns dann schon im Ernst, wieso ein Auto, das besonders im Winter kaum unter 30 Kilowattstunden je 100 Kilometer zu bewegen ist, noch eine A-Bewertung bekommt. Freilich: kein CO₂ aus dem nicht vorhandenen Auspuff, der saubere Strom kommt sowieso aus der Steckdose.

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Laden geht schnell. In beide Richtungen.

Recht sinnvoll für die Umwelt erscheint uns das dennoch nicht. Und zugleich ist es teuer. Schließlich kann die Kilowattstunde an öffentlichen Ladepunkten auch 84 Cent je Kilowattstunde kosten. Würde auf 100 Kilometer einen eher unschönen Betrag von 25,20 Euro ergeben. Rein finanziell wäre es da weiterhin sinnvoller, sich einen Achtzylinder-Benziner zu gönnen. Aber ja.. die Eisbären, Kinder und die Zukunft. An sie denkt man ja beim Kauf eines 5,06 Meter langen Siebensitzer-SUVs auf jeden Fall.

Dass der hohe Verbrauch zugleich die Reichweite der großzügig bemessenen 106-kW-Batterie (netto) auf weniger als 300 Kilometer am Stück drücken kann, macht es nicht besser. Denn bei Autobahntempo zieht sich der Ioniq 9 auch gerne deutlich mehr durch die Stromleitungen. Allerdings gibt es auch eine andere, durchaus goldene Seite der Medaille: Das Korea-Trumm kann etwas, das man bei Audi und Porsche weiterhin nicht versteht und das den Restwert ihrer E-Autos zusätzlich schmälert: V2X-Laden.

So kann der beschriebene 106-kWh-Batterieklotz nicht nur zum Fahren genutzt, sondern auch als Stromspeicher für das eigene Haus (oder die Bürogemeinschaft) verwendet werden. Unterwegs können andere E-Autos geladen werden – die Kaffeemaschine sowieso. Apropos Laden: Das gelingt per 800-Volt-Technik und einer maximalen Ladeleistung von 233 kW (DC) recht fix. Zehn auf 80 Prozent in 24 Minuten, gemäß Werksangaben, sind unter Idealbedingungen an einer mindestens 350 kW starken Ladesäule realistisch.

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Grenzenlose Weite trifft auf gute Verarbeitung

Auch sonst soll dieses Auto seinen Besitzern vor allem dienen. Als fahrendes Luftschloss zum Beispiel. Denn räumlichen Entfaltungsspielraum gibt es in allen drei Sitzreihen - und zwar für Erwachsene jenseits der 1,80 Meter (Kofferraumvolumen: 338 – 2.494 l plus 88 l Frunk). Als Sechs- und Siebensitzer steht der Ioniq 9 ab 68.500 Euro in der Preisliste, erlauchter ist natürlich die Option mit einem Stühlchen weniger. Die Einzelsitze hinten lassen sich dann auch drehen. Da schimmert es dann schon ein wenig durch, das „Van-Wesen“.

Apropos Dienen: Die mit Nappaleder bezogenen Sitze vorne sowie das äußere Gestühl in der Mitte können klimatisiert werden, der Fahrer darf sich über eine Massagefunktion freuen und für die erste Reihe gibt es zudem eine Relaxfunktion zu bestellen. Das Infotainmentsystem bietet gleichermaßen ordentliche „Dienste“, und freilich lässt sich das Smartphone induktiv oder mittels unzähliger USB-C-Anschlüsse laden. Apple CarPlay, Android Auto kabellos gibt es selbstverständlich ebenfalls.

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Türgriffe und Assistenten wurden kalt erwischt

Etwas nervig dagegen: Bei winterlichen Außentemperaturen vereisten nicht nur die herausfahrbaren Türgriffe, auch das Reifendruckkontrollsystem führte ein merkwürdiges Eigenleben. Es erkannte nicht vorhandene Druckverluste – in allen vier Reifen. Die Meldung zu entfernen und den Reifendruck neu anzulernen, war gleichermaßen nicht möglich. Auch der im Handbuch beschriebene Lösungsweg führte nicht zum Ziel.

Ohnehin kann es nicht schaden, sich die Bedienungsanleitung zum Ioniq 9 genauer anzuschauen. Dann erfährt man zum Beispiel, wie sich die Tastentöne und das ermahnende Gebimmel beim erreichen eines neuen Tempolimits dauerhaft deaktivieren lassen. Das könnte man sicher kundenfreundlicher lösen. Die Notbremsfunktion könnte derweil auch Herzinfarkte auslösen. Dann etwa, wenn sie drohende Kollisionen beim rückwärts Einparken vermeiden will, obwohl im Umkreis von 10 Metern nicht einmal ein Grashalm wächst. Schilderkennung hat der Hyundai ebenfalls. Sie funktioniert, wie so oft, nach dem Zufallsprinzip.

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Beim Fahreindruck gilt Vanlife vor Highlife

Wir wechseln noch kurz auf die Landstraße - nicht unbedingt das bevorzugte Terrain des Hyundai Ioniq 9. Besonders die heckgetriebene Basisvariante mit lediglich 160 kW / 218 PS tut sich ein wenig schwer mit dem überbordenden Gewicht nahe der 2,7 Tonnen. 9,4 Sekunden auf 100 km/h sind überschaubar, das Spitzentempo von 190 km/h wird nur nach entsprechendem Anlauf erreicht. Auch sonst verbleibt ein behäbiger Eindruck.

Das Fahrwerk ist sanftmütig, die Lenkung mag keine schnellen Bewegungen und auch sonst hat man es vermieden, dem SUV auch nur ansatzweise sportive Gene mitzugeben. Van und so. Während adaptive Dämpfer sicherlich „Nice-to-Have“ wären, sollte eine Hinterachslenkung bei einem Wendekreis von 12,5 Metern zur Serienausstattung gehören. Denn das Rangieren im urbanen Umfeld erfordert vor allem: Platz.

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Fazit

Wir sind uns nicht ganz sicher, wer nun wirklich ein siebensitziges Elektro-SUV braucht, aber Hyundai wird da sicherlich nachgefragt haben. Als Bus-und-Van-Ersatz taugt der große Wagen allemal, befördert gar bis zu sieben Erwachsene von A nach B und könnte alternativ auch ordentlich Gepäck zuladen. Komfort für die Langstrecke wird großgeschrieben, leider fordert die innere und äußere Opulenz bei Verbrauch und Reichweite ihren Tribut. Gleichermaßen nerven die (nicht) herausfahrbaren Türgriffe und Unzulänglichkeiten bei den Assistenzsystemen. (Text und Bild: Thomas Vogelhuber)

Technische Daten


Modell Hyundai IONIQ 9 160 kW (Basismodell)
Batteriekapazität (netto) 106 kWh
Leistung 160 kW (218 PS)
Antriebsart Heckantrieb (RWD)
Beschleunigung (0–100 km/h) 9,4 s
Höchstgeschwindigkeit 190 km/h
Elektrische Reichweite (WLTP) 600 km
Verbrauch kombiniert (WLTP) 20,6 kWh/100 km
CO₂-Emissionen 0 g/km
CO₂-Klasse A
Ladezeit (DC 350 kW, 10–80 %) ca. 24 Minuten
Ladezeit (AC 11 kW) ca. 11 h 30 min (0–100 %)
Abmessungen (L/B/H) 5,06 m / 1,98 m / 1,79 m
Radstand 3,13 m
Wendekreis 12,5 m
Kofferraumvolumen (7-Sitzer) 338 l (alle Sitzreihen aufgestellt)
Max. Ladevolumen (umgeklappt) 2.494 l
Frunk‑Volumen 88 l
Grundpreis (Deutschland) ab 68.500 Euro

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