
Lucid Air Sapphire (2025): Elektro-Limousine mit 1.251 PS lässt alle stehen
Der Lucid Air Sapphire auf einen Blick
- Top-Modell von Lucid hat bis zu 1.251 PS
- Das Drehoment erreicht in der Spitze 1.940 Nm
- Carbon-Bremsen so groß wie eine XXL-Pizza
- Schneller als Ferrari, nur Bugatti ist besser
- Grundpreis (Deutschland) ab 250.000 Euro
Konkurrenz und Aussehen: Rennwagen im Schafspelz
Um einschätzen zu können, was der Lucid Sapphire wirklich draufhat, lohnt sich zunächst ein Blick in die Welt der Renn- und Hypersportwagen. Denn in dieser Liga spielt die Elektrolimousine. Reden wir über das Leistungsgewicht. Errechnet wird es ganz einfach: Gewicht des Autos geteilt durch PS und schon zeigt sich, wieviel Kilogramm eine einzige Pferdestärke zu bewegen hat und damit auch wie schnell und agil ein Wagen ist.
Beim Porsche GT2 RS sind es 2,1 kg, beim Ferrari SF90 nur 1,57 kg und beim Bugatti Chiron mit 1,33 kg sogar noch weniger. Da liegt der Lucid mit 1,93 Kilo pro PS schon ziemlich gut und zieht nur gegen Formel-1-Boliden den Kürzeren. Hier muss eine Pferdestärke mit nur 0,8 Kilogramm fertig werden.
Der Lucid Air Sapphire ist ein echtes Geschoss, auch wenn er nicht so aussieht. Der elegante Look der fünfsitzigen Limousine täuscht nämlich über seine wahre Gesinnung hinweg. Und wer kein Lucid-Experte ist, bemerkt sowieso keinen Unterschied zum normalen Air-Modell. Hie und da ein wenig Sicht-Carbon an Spoilern und Schwellern und eine um 2,1 Zentimeter (vorne) respektive 2,4 cm (hinten) breitere Karosserie, um die eigens entwickelten Hochleistungsreifen von Michelin unterzubringen. Sie sind mit zwei unterschiedlichen Laufflächen ausgestattet.
Innen besteht der Pneu aus Gummi mit einem geringen Rollwiderstand, um die Reichweite zu erhöhen. Am äußeren Rand setzt Michelin auf eine besonders weiche Mischung. Das sorgt bei Kurvenfahrten gerade im Grenzbereich für zusätzlichen Grip. Das auffälligste Unterscheidungsmerkmal zur normalen Limousine ist die exklusive Lackierung „Sapphire Blue Metallic“. Sie erinnert an die Farbe des offiziellen kalifornischen Staatsjuwels „Benitoit“. Der Edelsten leuchtet in einem ganz besonderen Blau und zählt zu den Saphiren. Daher auch der Name des Top-Modells von Lucid, schließlich liegt der Unternehmenssitz in Kalifornien.
Antrieb und Bremsen: Drei Maschinen schieben mit 1.940 Nm Drehmoment an
Genug der Äußerlichkeiten, werfen wir einen Blick unter die Karosserie. Denn hier gibt es signifikante Unterschiede im Vergleich zu den normalen Air-Modellen. Vor allem beim Antriebsstrang, irgendwie müssen die 1.251 PS und das maximale Drehmoment von 1.940 Nm ja auf den Asphalt gebracht werden. Zuständig dafür sind gleich drei Elektro-Maschinen, die wie fast alle anderen wichtigen Teile des Antriebs aus dem eigenen Haus stammen. Eine Maschine sitzt auf der Vorderachse, zwei treiben die Hinterräder bedarfsgerecht und je Traktionsanforderung an, was für zusätzliche Agilität sorgt.
Auch am Fahrwerk haben die Kalifornier Hand angelegt. Bei der Hardware kommen neue adaptive Dämpfer mit Zweikammer-System von Bilstein zum Einsatz, sowie härtere Federn. Gesteuert wird das Zusammenspiel von Fahrwerk, Lenkung und Antrieb von einer komplett neu aufgesetzten und für Rennstrecken optimierten Software. Ja und dann wären da noch die Carbon-Keramik-Hochleistungsbremsen. Die verwendeten Keramikscheiben sind so groß wie eine XXL-Pizza und bringen die 2,4 Tonnen schwere Limousine in rund drei Sekunden von Tempo 100 zum Stillstand.
Das sind beruhigende Zahlen, vor allem, weil es bald auf die Rennstrecke geht. Rein in den Lucid, durchatmen, die luftige Atmosphäre und den großzügigen Platz genießen. Heißt ja nicht von ungefähr „Air“ das Grundmodell. Das ist S-Klasse-Niveau. Dabei ist die Karosserie gerade mal so groß wie eine E-Klasse von Mercedes. Dass man bei einem Radstand von 2,96 Metern fürstlich sitzt sowohl auf den vorderen als auch auf den hinteren Rängen ist ja schon eine Selbstverständlichkeit. Und auch beim Kofferraum zeigt sich der Lucid großzügig. Hier passen zwischen 627 bis 1835 Liter (Sitzbank umgeklappt rein), der Frunk vorne ist mit 280 Litern so groß wie der ganze Gepäckraum eines Kleinwagens.
Performance auf der Rennstrecke: Irre Beschleunigung, wenig Emotion
Aber jetzt kitzeln wir das Biest heraus. Die private Rennstrecke Ascari in Südspanien ist der ideale Ort dafür: 5,4 Kilometer lang. 13-mal links, 13-mal rechts. Und auf der langen Geraden sind sogar Top-Geschwindigkeiten von 250 km/h drin. Packt der Sapphire locker, theoretisch ist erst bei Tempo 330 Schluss. Aber wo bitte kann man das schon fahren? Genauso wie sich die Frage stellt, ob man Sprintzeiten von unter zwei Sekunden von 0 auf 100 wirklich braucht. Außer um anzugeben vielleicht. Das Gleiche gilt für das explosive Drehmoment von 1.940 Nm, das einem den Kopf nach hinten reißt, wenn man nicht aufpasst. Für Zahlenfetischisten: In 6,3 Sekunden katapultiert sich der Lucid auf 200 km/h und schlägt damit die schon erwähnten Porsche 911 GT RS und den Ferrari SF 90. Nur der Bugatti Chiron ist um zwei Zehntel schneller.
Allerdings fühlt sich die Beschleunigung klinisch an. Kein Brabbeln und Blubbern, fast völlig geräuschlos jagen wir über den Track. Da unterschätzt man leicht die Geschwindigkeit und freut sich ein ums andere Mal über die Sicherheitssysteme. So unnatürlich das auch sein mag, dass man so eine fünf Meter lange Luxus-Limousine über die Rennstrecke hetzt, so souverän bewältigt der Sapphire die Aufgabe und swingt sich exakt und präzise durch die Kurven. Ganz ohne dass wir in den querdynamischen Grenzbereich kommen. Meistens bewegen wir uns in der Fahrstufe „Hot Lap“, dann stehen 1.017 PS maximal zur Verfügung.
Das reicht für drei „heiße“ Runden auf der Rennstrecke. Danach brauchen Batterie und Leistungselektronik eine Pause. Über „Hot Lap“ liegt „Drag Strip“ mit den vollen 1.251 PS. Erst Gummi geben beim Bournout, damit die Reifen die richtige Temperatur haben. Dann die Launch Control starten. Im Display erscheint der Bär und die Landschaft verschwindet im Temporausch. 8,9 Sekunden für die Viertelmeile – damit schlägt der Sapphire sogar den Tesla-Überlfieger S Plaid.
Erstes Fazit
Mit dem Sapphire zeigen die kalifornischen Ingenieure, was sie in Sachen Antrieb, Elektronik und Batterietechnik können. Das ist schon beeindruckend und deshalb ist es auch kein Wunder, dass Lucid mit seinen Antriebssträngen auch die Formel-E beliefert. Der Sapphire ist quasi das Juwel, das man gerne in das Schaufenster stellt, um die Leute zu beeindrucken. Der ein oder andere Superreiche wird sich das voll ausgestattete Modell vielleicht sogar kaufen. Interessanter ist das Einstiegsmodell „Pure“. Es hat „nur“ 442 PS und schafft bis zu 747 Kilometer Reichweite mit dem 118 kWh großen Akku. Und das zu einem Preis von 85.900 Euro, da sieht die deutsche Premium-Konkurrenz fast alt aus. (Text: Rudolf Bögel | Fotos: Hersteller)