Bovensiepen, BMW … da klingelt was? Richtig, denn bisher war die Familie Bovensiepen für ihre exklusive Automarke Alpina bekannt. Doch mit Anbeginn des kommenden Jahres gehen die Markenrechte von Alpina an BMW über. Was die Münchner daraus machen wollen? Ungewiss. Vielleicht eine Art Mercedes-Maybach-Verschnitt. Man munkelt, dass die Lücke zwischen BMW M und Rolls-Royce geschlossen werden soll – sowohl produktseitig als auch, natürlich, beim Preis.
Andreas und Florian Bovensiepen konzentrieren sich in der Zwischenzeit auf die Zukunft nach Alpina, geben ein klares Statement für ihren eigenen Firmenstandort in Buchloe ab und können es dennoch nicht lassen, Produkte aus München zu verfeinern. Mit dem entscheidenden Unterschied, dass man mit dem Ausscheiden aus der bisherigen BMW-Welt, die das Unternehmen in den letzten Jahren durch den feingliedrigen Produktionsprozess sichtlich im Wirkungsgrad beschränkt hat, nun wieder deutlich freier arbeiten kann. Ihr neuer Produktanspruch: „Fine Driving“.
Der erste Aufschlag: Designfreiheit statt Seriennähe
Zunächst das Design: Während sich die Alpina-Modelle immer eng an den BMW-Serienfahrzeugen orientiert haben, können die Bovensiepens nun schalten und walten, wie sie wollen. Erster Streich: Das eher gewöhnliche Kleid eines BMW M4 Cabriolets wird getauscht gegen eine eigens im Allgäu per Hand angefertigte Karosserie, die größtenteils aus Carbon besteht. Das Design für den ersten „Bovensiepen“-Gran Turismo liefert niemand Geringeres als das Designstudio Zagato, das unter Autoenthusiasten durchaus einen renommierten Namen genießt.
Nun ist Design natürlich eine eher subjektive Geschichte. Nicht leugnen kann man allerdings, dass der Bovensiepen Zagato eine deutlich andere Designsprache spricht als das eigentliche Spenderfahrzeug – der M4. Keine XXL-Biberzahn-Nieren, Double-Bubble-Dach und endlich wieder eine Akrapovic-Abgasanlage – sie kündet auch akustisch von der neuen (alten) Zeit. Die Frontpartie erinnert an eine Mischung aus Neue Klasse und BMW i8, das Heck hat je nach Betrachtungsweise Ähnlichkeiten mit einem Mustang. Wichtig: Zagato hat zwar die hauptsächliche Designarbeit übernommen, doch der einstige Geist von Alpina (und vielleicht sogar vom einstigen Firmengründer Burkard Bovensiepen) ist spürbar.
Der Bovensiepen Zagato ist ein technisches Statement
Handfest wird es dann unter der Carbon-Motorhaube. Gerne wiederhole ich mich an dieser Stelle: Aber in Buchloe darf man nun (wieder) als freies Radikal agieren, muss sich also nicht an irgendwelche Vorgaben vom Münchner Petuelring halten. Das bedeutet: Der allradgetriebene Bovensiepen Zagato ist mit 611 PS und 700 Nm Drehmoment deutlich stärker als jeder Serien-M4, inklusive des M4 CS. Von null auf 100 km/h marschiert der 3,0-Liter-Reihensechszylinder-Biturbo (S58) in sagenhaften 3,3 Sekunden, und die Höchstgeschwindigkeit wird süffisant mit „über 300 km/h“ angegeben. Ein bisschen die Kommunikationsart von Rolls-Royce, oder? Gleichzeitig verspricht man mir vor Ort, dass das Fahrgefühl die bisherige Klientel nicht enttäuschen dürfte. Übersetzt bedeutet das, dass die normale Straße und der Langstreckenkomfort vor der Rennstreckentauglichkeit kommt.
Innenraum: Pure Detailverliebtheit
Und weil ich eben die englische Luxusmarke von BMW angeschnitten habe, muss ich natürlich auch über den Innenraum ein paar Wörter verlieren. Nun ist ja so ein BMW Skytop, oder neuerdings geschlossen auch als BMW Speedtop bezeichnet, nach innen hin sicherlich kein Kassengestell. Aber mit welcher Liebe zum Detail der Innenraum des Bovensiepen Zagato verarbeitet ist, erinnert eben deutlich stärker an Rolls-Royce als an BMW.
Hier und da gibt es sicherlich noch Kleinigkeiten, die man mit Lavalina-Leder oder Alcantara verzieren könnte, aber für das nötige Kleingeld wird sich bestimmt eine Lösung finden. Mit welcher Grazie jedoch der Kofferraum (!), die Sitzkonsole, die Türtaschen oder der Handschuhfachdeckel gearbeitet sind – das lässt einen in der heutigen Zeit, wo die Liebe zum Automobil vielerorts verloren geht, doch staunend zurück.
Es bleibt das Fragezeichen beim Preis
Loben wollen wir an dieser Stelle auch denjenigen, der das Felgendesign des Bovensiepen-Debüts auf den Weg gebracht hat. Man selbst macht sich eher wenig aus einem Raddesign, aber diese formschönen Exemplare gehen kaum ohne bejahende Anerkenntnis an einem vorbei. Ganz ohne Aber geht es jedoch nicht: Wer sich den streng limitierten Rolls-Royce unter den BMWs leisten will, muss tief in die Tasche greifen. Wie tief genau, will man an diesem Tag an der Villa Grumello am Comer See noch nicht verraten. (Text: Thomas Vogelhuber | Bilder: Hersteller)