Kurztest Cadillac Vistiq (2026): Viel Lipstiq, wenig Magiq

Der Cadillac Vistiq gewinnt das Rennen um das Luxussegment beim German Car of the Year Award. Wenngleich er durch seinen Auftritt und viel Leistung überzeugt, zeigt er auch einige Schwächen.

Der Cadillac Vistiq auf einen Blick

  • 475 kW / 646 PS Leistung
  • 91-kWh-Akku, bis zu 460 km WLTP-Reichweite
  • Über 2,9 Tonnen Leergewicht
  • Luftfederung, keine Wankstabilisierung
  • 33-Zoll-Display
  • Preise ab 99.640 Euro

German Car of the Year | Innenraum und Platzangebot | Cockpit und Bedienung | Fahrverhalten | Verbrauch und Reichweite | Fazit | Technische Daten

Cadillac Vistiq Front

Das German Car of the Year im Luxussegment

Was bin ich, was will ich sein? Auf jeden Fall schon mal der Klassensieger der Kategorie „Luxury“ beim diesjährigen German Car of the Year Award. Ein Ami siegt also … Ja, vor wem eigentlich? Nachdem das Luxussegment vor 2025 stetig regen Zuwachs verbuchen konnte, setzte sich der Cadillac Vistiq in diesem Jahr gegen ein ausgedünntes Mitbewerberfeld durch.

Am Ende gelang der Punktsieg vor dem Toyota Land Cruiser und dem gelifteten Volvo XC90. Wir sehen: Die Konkurrenz war nun eher nicht so stark. Noch dazu, weil der Land Cruiser nur gemessen am Preis wirklich Luxus ist.

Cadillac Vistiq Cockpit

Innenraum und Platzangebot: Wenig Magiq

Also Bühne frei für den Cadillac Vistiq, der in den Staaten kaum zum Full-Size-Segment zählt. Er ist dort eher umgeben von der Mittelklasse, von normalen SUVs, die zum Einkaufen verwendet werden oder um die Kleinsten zum Sport zu transportieren. Dafür auch die bis zu sieben Sitze. Es ist zwar schon einige Zeit her, dass ich den letzten Escalade zum Test hatte, aber ich kann mich an eine Sache noch gut erinnern: Selbst dieser hochbeinige Straßenkreuzer war in der zweiten Sitzreihe nicht durch außerordentliche Opulenz gekennzeichnet.

Tja, und siehe da: Auch der mit 5,21 Metern (!) ähnlich lange Stromer bietet hinten erstaunlich wenig Raum für Großgewachsene jenseits der 1,90 Meter - trotz Elektroplattform. Das hat man also davon, wenn man sich für ein "Mid-Size-SUV" entscheidet. Da sitzt es sich in einem gleich großen BMW X7 halt doch noch besser, und dort ruht der Erwachsene gar in Reihe drei ganz angenehm.

Cadillac Vistiq Sitze

Cockpit und Bedienung: Kunstleder ist alternativlos

Ich gebe es offen zu: Ein rechter Fan des Innenraums bin ich nicht. Während der Grundgedanke mit dem fahrerorientierten 33-Zoll-Screen wirklich gut ist, mangelt es hier und da spürbar an Detailarbeit. Die Sitzflächen der vorderen Couch-Sessel sind selbst für normalgroße Erwachsene zu kurz, das Lenkrad überfrachtet mit Funktionen, und das Bediensystem hat so seine Tücken. Dass es keinen Shortcut für das nervige EU-Tempowarngebimmel gibt, ist ebenfalls etwas, das mich vom täglichen Nutzen des Vistiq abhalten würde. Aber Software ist ja zum Updaten da.

Qualitativ hätte ich mir ebenfalls mehr erwartet: Knarzende Blenden um die Luftausströmer, alternativlose Kunstlederbezüge und in Reihe zwei ziemlich billige Griffe für die Rückenlehnenverstellung. Das sind die Dinge, die mir bei der doch sehr kurzen Probefahrt sofort aufgefallen sind. Und all das passt halt nicht zu einem Auto, das über 100.000 Euro kosten soll.

Cadillac Visiq Front Details

Fahrverhalten: Der Lkw-Führerschein für alle rückt näher

Fahrdynamisch reiht sich der Cadillac Vistiq dann ebenfalls in die Kategorie Lastkraftwagen (gerne klicken) ein. 2,9 Tonnen Leergewicht! Mit mir als Fahrer also über 3,0 Tonnen - mehr als eine Ansage! Beachtlich auch, weil wir es hier nicht mit einer Monsterbatterie, sondern mit einem, für diese Fahrzeugklasse, eher normalen 91 kWh Akku zu tun haben.

Ein Hyundai Ioniq 9 ist im schlechtesten Fall also 300 Kilogramm und im besten Fall satte 470 Kilogramm leichter – aber zum Koreaner komme ich noch in einem weiteren Bericht zum German Car of the Year. Und da der Caddi eben so viel wiegt, braucht er auch viel Leistung: 475 kW / 646 System-PS beschleunigen das Allrad-Trumm in 4,1 Sekunden auf Tempo 100, elektronisch abgeregelt wird bei 210 km/h.

Die Straßenlage für solch ein großes Auto geht dann tatsächlich in Ordnung. Gebettet ist die Karosse derweil auf einer geregelten Luftfederung. Eine Wankstabilisierung gibt es nicht.

Cadillac Vistiq Seite Heck

Verbrauch und Reichweite: Ganz wie früher

Wenngleich die Fahrzeit mit dem Vistiq begrenzt war, eine Zahl ist mir hängengeblieben: 28,5 kWh je 100 Kilometer als Langzeitverbrauch. Tja, Kraft kommt eben auch im Elektrozeitalter aus dem gegebenen Kraftstoff. Da wird es dann schon eng mit der WLTP-Reichweite von bis zu 460 Kilometern. Ist die Batterie leer, wird am DC-Lader mit maximal 190 kW nachgeladen. Auch hier: eher Mid-Size denn Full-Size.

Cadillac Vistiq Heck

Fazit

Der optische Auftritt des Cadillac Vistiq ist ohne Frage ein Statement. Doch der viele Lipstiq kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass unter dem Blechkleid ein eher durchschnittliches Elektroauto steckt. Weder beim Raumangebot (gemessen an der Fahrzeuggröße) noch in Sachen Elektrotechnik kann der Vistiq echte Ausrufezeichen setzen. Wie schon zu Verbrennerzeiten stehen auch bei diesem Cadillac vor allem das hohe Gewicht und der hohe Verbrauch im Vordergrund. (Text und Bild: Thomas Vogelhuber)

Technische Daten


Modell Cadillac Vistiq (2026)
Leistung 475 kW (646 PS)
Drehmoment 880 Nm
Batteriekapazität 91 kWh
Antrieb Allrad, 1-Gang-Automatik
Verbrauch kombiniert (WLTP) 21,8 kWh/100 km
CO2-Ausstoß kombiniert (WLTP) 0 g/km
CO2-Klasse A
Reichweite (WLTP) bis zu 460 km
Ladeleistung (DC) bis zu 190 kW
Beschleunigung (0–100 km/h) 4,1 s
Höchstgeschwindigkeit 210 km/h (elektronisch abgeregelt)
Abmessungen (LxBxH) 5,22 / 2,03 / 1,79 m
Leergewicht 2.916 kg
Sitzplätze bis zu 7
Preis ab 99.640 Euro

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