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Test Bentley Flying Spur Speed W12: Das letzte Dutzend

Erneut tritt einer der ganz Großen ab. Gemeint ist der W12-Motor bei Bentley. Bereits im April 2024 wird das letzte Dutzend das Werk in Crewe verlassen. Grund genug eine ausgedehnte Abschiedsfahrt im Bentley Flying Spur Speed W12 zu unternehmen. Fahrbericht!

Der Bentley Flying Spur Speed W12 auf einen Blick

  • 5,32 Meter Luxus-Limousine mit W12-Motor
  • 653 PS und 900 Nm Drehmoment
  • 0-100 km/h in 3,8 s, Vmax 333 km/h
  • Hochwertigste Verarbeitung
  • Grundpreis ab 217.500 Euro
Bentley Flying Spur Speed - Heckansicht

Der Bentley Flying Spur ist auch fünf Jahre nach seinem Debüt eine stilsichere Erscheinung. Die Lackierung in „Anthracite Satin“ kostet stolze 23.895 Euro Aufpreis.

Mit was haben wir es hier zu tun?

Quasi mit dem letzten Dutzend aus Crewe. Denn im April endet nach 23 Jahren die Produktion des legendären Piëch-W12, der ab 2001 erst im Audi A8, dann im VW Phaeton und anschließend (mit Turboladern versehen) durch alle unter VW-Herrschaft gebauten Bentleys getragen wurde. Da mögen wir uns nun wiederholen, haben wir doch vor kurzem erst mit dem Continental GTC eine Träne durchs Knopfloch gedrückt. Aber Feste muss man eben feiern, wie sie fallen. Das bedeutet beim Bentley Flying Spur mit seinem 653 PS starken W12-Biturbo: Suit up, fasten your seatbelts, and drive with lots of speed! (Bentley Flying Spur Speed W12, Kraftstoffverbrauch kombiniert: 15,0 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 340 g/km)²

Das war jetzt zu martialisch? Passt aber bestens zum 23.895 Euro teuren Lackkleid in „Anthracite Satin“. Auch sonst ist der 5,32 Meter lange Flying Spur in seiner höchsten Motorisierungsstufe "Speed" alles andere als preisgünstig. 290.064 Euro müssen es für den Testwagen schon sein, wenn die Nachbarschaft glauben soll, dass nebenan plötzlich ein Rockstar eingezogen ist. Freilich gibt es auch sozialverträglichere Farben zu bestellen - was ebenfalls für den ziemlich roten Innenraum gilt. Aber ganz ehrlich: Diese Extravaganzen passen zu diesem Auto. Der Satinlack harmoniert mit den kristallartigen LED-Frontscheinwerfern; die Einstiegsleisten mit rot beleuchtetem Bentley-Schriftzug (man kann das auch auf schweinchenrosa umstellen) nehmen wiederum den Farbton des Leders in "Cricket Ball" auf.

Bentley Flying Spur Speed - Cockpit

Die maßgebende Lederfarbe im Testfahrzeug war "Cricket Ball". Sicherlich eine Geschmacksfrage. Weniger subjektiv ist die Tatsache, dass das Infotainment-System mittlerweile stark veraltet ist.

Den Bentley Flying Spur Speed fährt man lieber selbst

Für mehr Seriosität kann die Fahrerin ein Abendkleid oder der Fahrer einen Smoking tragen. Auch wenn es nur zum naheliegenden Burgerbrater mit Durchfahrtsgasse geht. Man fährt den Flying Spur übrigens lieber selbst, denn das ist es, was die Bentley Girls and Boys in Crewe bei der Entwicklung eigentlich im Sinn hatten. Klar taugt die Limousine auch zum Chauffieren, aber zur Wahrheit gehört, dass es sich hinten in einem 20 Zentimeter längeren Rolls-Royce Ghost deutlich luftiger sitzen lässt. Da limitiert die alte Bodengruppe des Porsche Panamera (MSB-Plattform) doch spürbar den Raum – vor allem, wenn man über die 1,90 Meter hinausreicht.

Während in Reihe zwei theoretisch der Korken knallt, läuft im Triebwerksraum der Zwölfzylinder warm. Kompaktbauend, trocken keine 300 Kilo schwer, ein technisches Meisterwerk. Gefahren-werden-Verbräuche um zehn Liter sind in der Tat möglich, wenn sich eine der beiden VR6-Bänke in Habachtstellung begibt. In der Regel sind es allerdings eher 13 bis 16 Liter, die je 100 Kilometer aus dem 90 Tank gezogen werden. Der 6,0-Liter-W12-Biturbo mit seinen maximal 900 Newtonmeter Drehmoment schiebt dabei fast über das gesamte Drehzahlband massiv an, ist sofort da, wenn man ihn braucht und verfällt ebenso schnell wieder in einen besänftigenden Ruhemodus unterhalb der 2.000 Touren. Gekoppelt ist der große Motor derweil an ein verschliffen arbeitendes Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe (DKG).

Bentley Flying Spur Speed - W12-Motor

Der 6,0-Liter-W12-Biturbo des Bentley Flying Spur Speed leistet 639 PS und 900 Nm. Voraussichtlich im April 2024 wird das letzte Dutzend die Werkshallen in Crewe verlassen.

In der Ruhe liegt die mordsmäßige Kraft

Der Motorsound ist naturgemäß gedämpft. Erst weit gen 6.000 Umdrehungen pro Minute ausgedreht dringt eine kernige, sechszylindrige Klangnote in den gut gedämmten Innenraum. Fahrdynamisch ist der Flying Spur Speed, auch dank der serienmäßigen Allradlenkung, nicht verlegen selbst engere Kurven in hohem Tempo zu meistern. Der permanente Allradantrieb sorgt für ausreichend Traktion, das Stabilitätsprogramm regelt im Zweifel sachte nach. Von null auf 100 km/h geht es in beeindruckenden 3,8 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit wird mit Tempo 333 angegeben. Da ist man auf der leeren Autobahn dann schon ziemlich allein unterwegs.

Übertreiben sollte man es bei einem Leergewicht von mehr als 2,4 Tonnen und einer geschmeidig ausgelegten Fahrwerksabstimmung aber dennoch nicht. Da merkt man stellenweise schon deutlich die Frontlastigkeit im Antriebskonzept, die im Zweifel dafür sorgt, dass zunächst die Vorderachse ins Kurvenaus schiebt. Dank der gewaltigen Bremsanlage mit Stahlscheiben im Durchmesser von 420 Millimetern an der Vorder- und 380 Millimetern an der Hinterachse, verzögert der Flying Spur allerdings mindestens so heftig, wie er beschleunigt.

Bentley Flying Spur Speed - Sitze hinten

Die Sitze in Reihe zwei sind mindestens so bequem wie vorne. Trotz aller Üppigkeit: Das Raumgefühl wird auch durch den großen Kardantunnel stark gemindert.

Omas Radiomöbel fährt immer mit

Heftig ist dann leider auch ein genauerer Blick in den Innenraum. Nein, an der sehr guten Qualität haben wir hier nichts zu mäkeln, wohl aber am Infotainment-System. Was einen hier erwartet ist mittlerweile vergleichbar mit Omas Radiomöbel aus den 1960ern. Einfach alles an der Bedieneinhalt ist von gestern und für den aufgerufenen Preis nicht mehr zeitgemäß. Wohl auch ein Grund, weshalb Bentley im vergangenen Jahr als einziger Luxushersteller einen Absatzrückgang von elf Prozent hinnehmen musste. Gerade in China werden die Kunden diese Art der Medienaufbereitung scheuen, wie der Teufel das Weihwasser. Eine Karaoke-App lässt sich auf diesem alten System nämlich eher nicht installieren.

Dabei ist das Bentley-Infotainment nicht nur langsam, sondern mittlerweile auch unschön anzusehen. Apple CarPlay und Android Auto funktionieren in diesem knapp 300.000 Euro teuren Auto nur per Kabelanbindung und die digitale Instrumentierung sowie das Lenkrad stammen weiterhin aus dem Fundus von Audi. Da muss die zahlungskräftige Kundschaft schon große nostalgische Gefühle hegen, wenn sie das heute noch akzeptiert. So wie Porsche erst kürzlich den Panamera überarbeitet hat, wird man wohl auch in Crewe gerade an einer großen Modellüberarbeitung sitzen. So hoffen wir es zumindest.

Bentley Flying Spur Speed - Front

Der große Kühlergrill, die LED-Scheinwerfer, die an Kristalle erinnern sollen und natürlich das ausfahrbare Bentley-Logo - der Auftritt des Flying Spur ist mehr als selbstbewusst.

Fazit

Wir sagen zum Abschied abermals leise Servus. Der Bentley Flying Spur Speed W12 war, ist und bleibt ein Statement. Insbesondere, wenn er so extravagant konfiguriert ist wie unser Testwagen. Unter der Haube arbeitet einer der letzten gebauten Zwölfzylinder der freien Welt und innen gibt es Luxus pur. Die Motorleistung, Fahrqualität und Innenraumanmutung sind mindestens so beeindruckend wie das hohe Alter des Infotainment-Systems. Da muss Bentley schleunigst nachlegen. (Text und Bild: Thomas Vogelhuber)

Technische Daten - Bentley Flying Spur Speed W12*

  • Modell: Bentley Flying Spur Speed W12
  • Motor: Zwölfzylinder-TSI, 5.950 ccm
  • Leistung: 635 PS (467 kW)
  • Drehmoment: 900 Nm
  • Antrieb: Allrad, 8-Gang-DKG
  • Verbrauch kombiniert: 15,0 l/100 km²
  • CO2-Emissionen kombiniert: 340 g/km²
  • Beschleunigung (0–100 km/h): 3,8 s
  • Höchstgeschwindigkeit: 333 km/h
  • Länge/Breite/Höhe: 5,32 m/1,98 m/1,48 m
  • Gewicht: ca. 2.440 kg
  • Grundpreis Bentley Flying Spur Speed W12: ab 217.500 Euro

*Herstellerangaben

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