Der Mercedes-Benz G 580 EQ auf einen Blick
- Elektrische G-Klasse mit 587 PS und 116-kWh-Akku
- Testverbrauch rund 32 kWh/100 km
- Sehr komfortables Fahrverhalten
- Innenraum eher knapp
- Grundpreis ab 142.621,50 Euro
Inhaltsverzeichnis
Modellübersicht | Antrieb & Fahreindruck | Innenraum & Ausstattung | Laden & Praktikabilität | Fazit | Technische Daten
Modellübersicht: Der heilige Gral
Der Mercedes-Benz G ist ein heiliger Gral in der Automobilwelt. In seiner Ikonenhaftigkeit spielt er in einer Liga mit dem Porsche 911 und vielleicht noch dem Land Rover Defender. Deshalb sind Änderungen – ob optischer oder technischer Natur – für die eingefleischte Fangemeinde häufig nur schwer verdaulich. Und umso behutsamer wird auf Seiten der Hersteller versucht, allen Wünschen irgendwie gerecht zu werden. Die mundgerechte Verteilung von alten Werten und neuen Möglichkeiten klappt nicht immer – das macht sich alleine schon daran bemerkbar, dass man heutzutage deutlich mehr G-Klassen im vollen AMG-Trim sieht, als solche, die wirklich noch abseits der innerstädtischen Prachtstraßen bewegt werden. Schon ein erhöhter Bordstein bringt viele Kunden mit ihren üppig dimensionierten Niederquerschnittsreifen an den Rand der Verzweiflung.
Genau in dieser, dem V8 durchaus noch verpflichteten Klientel, kommt ein Elektro-G doch niemals gut an. Könnte man meinen. Doch alle, die den neuen Mercedes-Benz G 580 mit EQ-Technologie, so der sperrige Name des Elektro-W465, zum Teufel jagen möchten, sei geraten: Erst fahren, dann urteilen. Dieser G ist anders, ja. Und er ist gut geworden.
Antrieb & Fahreindruck: Ein Trumm der Freude
Vier 108 kW starke Elektromotoren – am Leiterrahmen befestigt – ziehen ihre Energie aus einem 116-kWh-starken Akku. Das macht summa summarum 431 kW oder umgerechnet satte 587 PS. Drehmoment? 1.064 Newtonmeter. Damit übertrifft der elektrische G jeden AMG-Geländewagen. Ganz nebenbei auch beim Gewicht, das mit 3.085 kg angegeben wird und die Zuladung auf eher klägliche 415 kg reduziert.
Dem Antritt und Fahrgefühl tut dies keinen Abbruch. Der adipöse Stromer stürmt beinahe unaufhaltsam nach vorne, wenn der Fuß auf das Fahrpedal drückt. Schnell sind die Gedanken an das hohe Gewicht vergessen, wenn die Fuhre bei Nässe und zu viel Leistungseinsatz sogar ziemlich wild nach links und rechts zuckt. Gleichzeitig ist der elektrische G der gediegenste, den wir je gefahren sind. Weil er so leise ist. Ja, die auffällige Edition One braucht es nicht, aber selbst der wildeste Autogegner verstummt, wenn er bei der Vorbeifahrt nichts hört. Den zuschaltbaren G-Roar-Sound – ja, der heißt wirklich so – hört man nämlich glücklicherweise nur von innen. Und man kann ihn zum Glück auch ausschalten - braucht ihn nicht. Zu rein ist das Gewissen, jedenfalls für diesen Moment.
Das wird beim Blick auf die Verbrauchsanzeige gern wieder revidiert, wenn diese gut und gerne 40 kWh und mehr auf 100 Kilometer anzeigt. Denn diesbezüglich nimmt sich der G 580 EQ genauso wenig raus wie seine ölverbrennenden Geschwister: Ein G verfeuert einfach. Ob nun unmittelbar oder mittelbar. Da würden allenfalls noch Solarzellen auf Dach und Haube helfen – genug Platz wäre ja.
Innenraum & Ausstattung: Klein ist die G-Welt
Innen hingegen wird es recht intim, denn rein subjektiv ist der W464 nicht überragend groß in Anbetracht der sonstigen Abmessungen und des Auftritts. Nun war ein G noch nie üppig, aber uns kommt es so vor, als ob der 580er der Elektrotechnik an gewissen Stelle Tribut zollen musste - beim erhöhten Kofferraum ist es definitiv so. So sitzen vorne Fahrer und Beifahrer mit über 1,90 Metern zwar noch recht ordentlich - in der zweiten Reihe hingegen wird es eng. Wer da auf den – bei der Edition One serienmäßigen – Tablets noch Filme schauen möchte, die den Hinterbänklern unmittelbar vor der Nase abgespielt werden, weiß keiner. Selbst Kinder wollen das nicht. Diese leidvolle Erfahrung musste der Autor dieser Zeilen am eigenen Leib erleben.
Die Ausstattung hingegen lässt keine Wünsche offen. Es gibt beinahe alles, was man sich wünschen mag (außer einem Head-up-Display), im Zweifel gegen mehr oder weniger Geld. Die sündige zweifarbige Lederausstattung samt blauen Nähten und Carboneinlagen mit blauem Zierfaden ist der Edition One vorbehalten, doch selbst hier dürfte das Manufakturprogramm demjenigen Hilfe leisten, der das gerne haben möchte. Natürlich, man ahnt es, gegen weitere Taler. Die Verarbeitung ist dafür serienmäßig fernab vom im letzten Zeit leider etwas gesunkenen Stuttgarter Niveau (und damit ist nicht nur der Stern gemeint).
Alles präsentiert sich hochwertig verarbeitet und mit Materialien von ausgesuchter Qualität. Es gibt – trotz der Umstellung auf MBUX – noch viele physische Tasten, die sich gut anfühlen. Leider gilt das nicht für das Lenkrad, aber für die Einstellung von diversen Offroadfunktionen, von denen sich insbesondere der überall gehypte G-Turn – das Drehen auf der Stelle im lockeren Untergrund – als Zwischendurch-Unterhaltung positiv hervortat.
Laden und Praktikabilität: Der G mit dem Rucksack
Wer sich dem zurückhaltenden Gleiten zuwendet, was der G dank des tiefen Schwerpunkts und dem vortrefflichem Fahrwerk (dass wir das mal über einen G schreiben würden!) erst recht gut kann, der realisiert einen Verbrauch um die 30 kWh, was auf eine realistische Reichweite von etwas über 300 Kilometer hinausläuft. Geladen wird der G mit maximal 200 kW DC, und etwas ungewohnt ist der Blick auf einen an einer Stromtankstelle hängenden G dann auch.
Die Ladezeiten selbst könnten bei der Akkugröße durchaus schneller sein – von 10 auf 80 Prozent geht es in etwa 30 Minuten. Wer mit AC lädt, kann das leider nur mit 11 kW. Für das dazugehörige Ladekabel erwies sich der als Rucksack schon verspottete Ersatzradersatz an der Kofferraumtür als überaus praktisch – so muss man das Kabel nämlich nicht bei Wind und Wetter noch aus dem Kofferraum herausfummeln.
Fazit
Kann ein elektrischer G Spaß machen? Oh ja, er kann. Und hätten wir die Qual der Wahl zwischen einem G 63 und einem G 580 EQ, wir würden wohl den elektrischen G-Wagon nehmen. Nicht für ein etwaiges grünes Gewissen, das einem bei diesen Verbrauchswerten wohl eher nicht so wichtig sein kann. Sondern wegen des satten Fahrgefühls, des klanglich absolut zurückhaltenden Auftritts, dem über alles erhabenen Antrieb und nicht zuletzt für das Gefühl, einen der ersten elektrischen automobilen Saurier fahren zu können. Ach so, und wegen des G-Turns natürlich. (Text und Bild: Maximilian Fisseler)
Technische Daten
Modell | Mercedes-Benz G 580 EQ (W465) |
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Systemleistung | 587 PS (432 kW) |
Systemdrehmoment | 1.164 Nm |
Batteriekapazität (netto) | 116 kWh |
WLTP-Reichweite | 434–473 km |
Verbrauch (kombiniert) | 27,7–30,3 kWh/100 km |
CO2-Emissionen (kombiniert) | 0 g/km |
CO2-Klasse | A |
0–100 km/h | 4,7 s |
Höchstgeschwindigkeit | 180 km/h (elektronisch begrenzt) |
Ladeleistung (DC / AC) | max. 200 kW / 11 kW |
Kofferraumvolumen | 555 l – 1.990 l |
Leergewicht | ca. 3.085 kg |
Zuladung | ca. 415 kg |
Antriebsart | Allrad, vier radnahe Elektromotoren |
Getriebe | 2-Gang Automatik |
Abmessungen (L×B×H) | 4.624 × 1.931 × 1.986 mm |
Radstand | 2.890 mm |
Wendekreis | 13,6 m |
Wattiefe | bis 85 cm |
Grundpreis (Deutschland) | ab 142.621,50 Euro |