
Oldie-Test: Audi R8 4.2 quattro R-Tronic (2008) - Abstrahleffekte
Der Audi R8 4.2 quattro R-Tronic (2008) auf einen Blick
- 4,2-Liter-V8 mit 420 PS
- 0–100 km/h in 4,6 s, 301 km/h Spitze
- Allradantrieb mit R-Tronic-Automatik
- Aluminiumkarosserie, 1,25 m flach
- Innenraum mit viel Leder und Bang-&-Olufsen-Sound
- Gebrauchtpreise ab ca. 70.000 Euro
Einführung | Design und Technik | Motor | Innenraum und Qualität | Fahrwerk und Handling | Fazit | Technische Daten

Einführung: Da fehlt etwas im Modellprogramm
Wer dieser Tage als Autofreund durch das Modellprogramm der Ingolstädter streift, wird sich wundern: Wo sind sie hin, all die außergewöhnlichen, oben offenen und sehnsüchtigen Fahrzeuge von Audi? Sicherlich stehen RS 4, pardon, RS 5 und RS 6 vor einem Comeback, und ein fünfzylindriger RS 3 fährt sich bis 2027 auch noch ziemlich fein. Aber die Autos haben eben alle vier Türen, und das Thema Stoffdach scheint ebenfalls aus der Mode gekommen zu sein.
Als dieser Text ursprünglich in Arbeit war, gab es auch das neue Audi Concept C noch nicht. Mit dem auf der diesjährigen IAA vorgestellten Zweisitzer ist immerhin erkennbar, dass auch der Audi-Vorstand langsam realisiert: Da fehlt etwas im Modellprogramm. Ob allerdings das polarisierende Design und die Technik des zukünftigen Porsche 718 Elektro an den ikonischen R8 anknüpfen können, ist ungewiss.



Design und Technik: Aller Anfang war ein Lamborghini
Wir blicken an dieser Stelle zurück in das Jahr 2006. Viele behaupten mittlerweile, es sei eines der besten Jahre in der besten Dekade gewesen, die Audi je hatte. Der Audi Q7 feierte seine Markteinführung, der RS 4 erhielt erstmals eine Cabrio-Variante, die zweite Generation des TT ging an den Start und natürlich: Auf dem Genfer Automobilsalon wurde mit dem fein gezeichneten Audi R8 (Typ 42) der erste reinrassige Sportwagen der Bayern vorgestellt.
Frei nach Ferdinand Piëch, der die Ingolstädter knapp 20 Jahre zuvor salonfähig gemacht hatte, lieferten die Ingenieure kein schnödes Standardwerk ab. Es musste ein Mittelmotor-Rennwagen mit einer ultraleichten Aluminium-Skelettkarosserie (Aluminium Space Frame, ASF) werden, der gleichzeitig nach einem Le-Mans-Prototyp benannt war. Die Einflüsse der damals neuen Audi-Tochter Lamborghini - deutlich erkennbar. Designt wurde er unter der Leitung von Walter De Silva unter anderem von Julian Hoenig (Audi RSQ) und Frank Lamberty.
Antriebsseitig sollte es allerdings noch bis 2009 dauern, bis der aus dem Lamborghini Gallardo inspirierte 5,2-Liter-V10-Saugmotor unter die gläserne Motorabdeckung des R8 wanderte. Zum Marktstart Ende 2006 sorgte zunächst der ebenfalls famose 4,2-Liter-FSI-V8 aus dem oben erwähnten RS 4 für Vortrieb. Böse Zungen behaupten bis heute, das Aggregat habe selten die 420 PS (später 430 PS) erreicht. Aber das spielt, 20 Jahre später, kaum mehr eine Rolle.

Der 4,2-Liter-V8: Ein berauschendes Konzept
Jeremy Clarkson höchstpersönlich hob den Achtzylinder-Hochdrehzahlmotor in einer der letzten „Grand Tour“-Folgen in den Olymp der besten Motoren, die je gebaut wurden. Dem können wir uns an dieser Stelle nur anschließen. Die Nennleistung des herrlich klingenden Hochdrehzahl-V8 wird erst bei 7.800 Umdrehungen pro Minute erreicht, ausgedreht zeigt der Drehzahlmesser 8.250 Touren an. Dank Allradantrieb und automatisiertem Schaltgetriebe (dazu gleich mehr) eilt der Aluminiumsportwagen in 4,6 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100. Die eingetragene Höchstgeschwindigkeit liegt bei 301 km/h.
2006 benötigte der versierte Sportfahrer schon einen Porsche 997 Turbo, um sich vom Emporkömmling aus dem Audi-Werk in Neckarsulm nennenswert absetzen zu können. Exakt 104.400 Euro sollte der Allrad-Spaß im Audi R8 4.2 FSI quattro mit Sechsgang-Schaltgetriebe damals kosten. Der Porsche 911 Turbo war mit 137.058 Euro deutlich teurer.
Heute sind es vor allem die „echten“ Handschalter, die ihren Preis stabil halten. Dem hier gefahrenen R8 V8 mit automatisiertem R-Tronic-Getriebe werden dagegen hohe Unterhaltskosten nachgesagt. Bei unserer Recherche konnten wir allerdings keinen Beleg dafür finden, dass dies, bei richtiger Wartung, tatsächlich der Fall ist. Weniger leugnen lässt sich das ruppige Schaltverhalten, das sich kaum mit einem moderneren S-Tronic-Getriebe vergleichen lässt. Unweigerlich erinnert es an die Cambiocorsa-Schaltung von Maserati, die nur wenige Jahre zuvor im Maserati Coupé (4200) eingeführt wurde.



Innenraum und Qualität: Es macht klick
Unabhängig von der Motorisierung hat der erste Audi R8 vor allem durch seinen Innenraum überrascht. Auch große Fahrer finden auf den angenehm konturierten Sitzen schnell ihren Platz. In der lediglich 1,25 Meter flachen Flunder von München bis nach Florenz und zurück? In Sachen Sitzkomfort kein Problem. Allerdings: Bei Tempo 280 auf der Autobahn sollte man besser nicht darüber nachdenken, wie dicht der Allerwerteste gerade über dem Asphalt kauert.
Sehr wohl nachgedacht haben wir über das Qualitätsverständnis von Audi Anfang des neuen Jahrtausends. Da wurde nicht gekleckert, sondern geklotzt: dickes Leder, hochwertige Kunststoffe und Bedienelemente, die zwar schon damals aus dem A3 stammten, sich jedoch mit großer Genugtuung anfassen lassen. Das berühmte Audi-Klicken. Herrlich.
Tja, und wer auf längeren Touren Lust auf Musik bekam, und nicht mehr dem V8 lauschen wollte, der konnte auf klangstarke Bang-&-Olufsen-Soundanlage zurückgreifen. Wir blicken auf eine schnörkellose und perfekt abzulesende Instrumentierung und fragen uns dann schon, wie es bei den neueren Audi-Modellen soweit kommen konnte.

Fahrwerk und Handling: Ein ausgewachsener Gran Tourer
Die Fahrwerksabstimmung ist derweil nicht so verbittert hart wie bei vielen neuen Sportwagen, die Lenkung Audi-typisch neutral, und die Kraftverteilung des Viscokupplung-Quattros zwischen vorne und hinten im Verhältnis 15 (maximal 30) zu 85 Prozent ausgelegt - damals ein Novum für die Ingolstädter. Optional konnten übrigens auch elektronisch geregelte Dämpfer (Magnetic Ride) bestellt werden. Frühe Kritikpunkte am R8 betrafen dagegen das abrupt eingreifende ESP und die wenig standfesten Bremsen der V8-Variante.
All das spielt bei der Ausfahrt mit dem Museumsfahrzeug aus den Beständen der Audi Tradition entlang des Altmühltals keine Rolle. Genießen statt rasen steht im Vordergrund. Bereits beim einfachen Dahincruisen fällt besonders die direkte Gasaufnahme und generell die hohe Elastizität des großvolumigen V8 auf. Abgerundet wird das Spektakel von der Tatsache, dass man in einem durch und durch qualitätsstarken Auto sitzt.

Fazit
Wenngleich es der Audi R8 bislang nicht zu einem Kultstatus wie der Porsche 911 gebracht hat, könnte der Wert des ersten Mittelmotor-Sportwagens für die Ingolstädter kaum größer sein. Vor allem die S- und RS-Modelle haben von den Abstrahleffekten des R8 profitiert, das Markenimage wurde geschärft, und Audi hat bewiesen, dass sie nicht nur leistungsstarke Alltagsautos, sondern auch echte Supersportwagen mit internationalem Renommee bauen können. Wer den Einstieg in die erste Generation des Audi R8 wagen will, sollte nicht mehr allzu lange warten - die preisliche Talsohle ist bereits durchschritten. (Text und Bild: Thomas Vogelhuber)
Technische Daten
Modell | Audi R8 4.2 FSI quattro R-Tronic (2008) |
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Motor | 4,2-Liter-V8-FSI, Saugmotor |
Leistung | 420 PS (309 kW) bei 7.800 U/min |
Drehmoment | 430 Nm bei 4.500–6.000 U/min |
Antrieb | Allrad (quattro) |
Getriebe | 6-Gang-R-Tronic (automatisiert) |
Beschleunigung (0–100 km/h) | 4,6 s |
Höchstgeschwindigkeit | 301 km/h |
Verbrauch kombiniert (NEFZ) | ca. 13,7 l/100 km |
CO₂-Emissionen kombiniert | 327 g/km |
Abmessungen (L/B/H) | 4,43 m / 1,90 m / 1,25 m |
Radstand | 2,65 m |
Leergewicht | ca. 1.560 kg |
Kofferraumvolumen | 100 l (vorn) |
Tankinhalt | 75 l |
Grundpreis (2006) | ab 104.400 Euro |