Audi RS 3 & Alfa Giulia Quadrifoglio: Letzte Ausfahrt Italien

Italien, zwei Sportlimousinen und die Frage: Sind echte Fahrerautos 2025 noch begehrenswert? Die Audi RS 3 Limousine und die Alfa Romeo Giulia Quadrifoglio zeigen auf einer emotionalen Abschiedstour durchs Piemont und die Emilia-Romagna, warum Fahren mehr ist als nur Fortbewegung.

Audi RS 3 & Alfa Romeo Giulia Quadrifoglio auf einen Blick

  • 2,5-Liter-Fünfzylinder vs. 2,9-Liter-Sechszylinder
  • 400 Allrad-PS gegen 520 Hinterrad-PS
  • Unterschiedliche Konzepte, die begeistern
  • Giulia QV ist nicht mehr bestellbar, RS 3-Ende für 2027 geplant
  • Grundpreise (DE): 92.000 Euro (Giulia QV), 68.000 Euro (RS 3 Limousine)

Audi RS 3 & Giulia Tankstelle

Die eine ist schon tot, der andere geht in Kürze

Italien sei immer eine Reise wert, sagen die einschlägigen Reiseführer. Besonders, wenn etwas Zeit investiert und das Piemont sowie die Emilia-Romagna mit dem Auto erkundet wird. Sicherlich hätten wir auch einen Maserati GranTurismo oder einen BMW M3 nehmen können; exklusiver ginge es natürlich mit einem Porsche GT3 Touring, Ferrari Roma oder einem der mittlerweile doch zahlreichen Hypersportwagen auf dem Markt.

Doch erschien uns das alles viel zu naheliegend. Viel zu einfach. Einen Italien-Trip in einem 911er? Das machen jedes Jahr Tausende. Also wählten wir in der Redaktion unter zahlreichen Möglichkeiten zwei, die das Besondere, das Exklusive, aber auch das einigermaßen Leistbare miteinander verbinden: Alfa Romeo Giulia Quadrifoglio (QV) und Audi RS 3. Die eine ist seit März nicht mehr bestellbar, der andere wird laut Audi-Chef Döllner 2027 in die ewigen Jagdgründe befördert. So ist dies auch eine Art Abschiedstour: eine letzte Fahrt in zwei alten nicht elektrifizierten Sportlimousinen.

Giulia Dynamic
Giulia Motor Giulia Interior

Audi RS 3 & Alfa Romeo Giulia QV: Mit was haben wir es hier zu tun?

Bleiben wir zunächst beim Audi: Die ungerade Zylinderzahl im Ingolstädter ist mittlerweile auch im eigenen Hause ein Alleinstellungsmerkmal (es kommt aber noch mal ein Cupra Formentor VZ5 mit gleichem Motor), die Verteilung der Kraft auf alle vier Räder beste Markentradition. Der 2,5-Liter-Turbo leistet runde 400 PS sowie 500 Nm Drehmoment und beschleunigt die etwas über 1,6 Tonnen schwere Limousine in 3,8 Sekunden auf 100 km/h.

Die Alfa Romeo Giulia Quadrifoglio wiederum war bis zu ihrem Produktionsende die stärkste rein hinterradgetriebene Mittelklasselimousine aus europäischer Produktion. Wo BMW M und Mercedes-AMG schon seit Jahren jenseits der 480 PS nur noch Allrad feilbieten, fallen bei der rassigen Italienerin die vollen 520 PS und 600 Nm einzig über die Hinterräder her. Tempo 100 aus dem Stand gelingt in 3,9 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit wird mit 308 km/h angegeben. Zum Start der QV-Variante im Jahr 2016 konnte der 2,9-Liter-V6-Biturbo sogar mit Schaltgetriebe bestellt werden. Damals verschmäht, heute selten und teuer.

Audi RS 3 Dynamic
Audi RS 3 Dynamic Heckansicht Audi RS 3 Motor

Von Frankfurt am Main zum Col du Calibier und warum ein Panda immer Vorfahrt hat!

Mit eben diesen beiden Boliden gilt es zunächst, ab Frankfurt am Main ins Piemont zu gelangen. Als Route wählen wir weder die schnellste noch die kürzeste, aber wohl die abwechslungsreichste. Wir lassen am frühen Morgen Deutschland, den erstaunlich dichten Pendlerverkehr vor Basel, die blitzgefährliche Schweizer Autobahn und die verdammt teuren französischen Schnellverbindungen hinter uns. Spätestens ab dem Aufstieg zum Col du Galibier hebt sich die Laune in den Cockpits, und am frühen Nachmittag ist Bella Italia zum Greifen nah.

Auf den engen Bergstraßen können RS 3 und Giulia QV bereits zeigen, was sie können. Während der Audi Traktion im Überfluss liefert, ist der Alfa deutlich temperamentvoller unterwegs. Das gilt besonders im Race-Modus. Mit dem fast schon beiläufigen Grenzübertritt ins Piemont wird eine weitere Sache klar (die unter regelmäßigen Italienurlaubern mehr oder weniger geläufig sein dürfte): Du kannst 400 oder 520 PS haben - ein Fiat Panda, egal wie alt, hat immer Vorfahrt. Das ist in Italien Gesetz und steht so auch im Codice della Strada. Basta!

Audi RS3 & Giulia QV - Col du Galibier

Cuneo und die Autostrada: Wenn Überholvorgänge zum Nervenkitzel werden

Auch Überholvorgänge werden erst dadurch spannend, wenn mit möglichst wenig Leistung, möglichst viele Autos in einem Durchgang überholt werden. Aufregen tut sich darüber bekanntermaßen niemand. Weder die entgegenkommenden Autofahrer, noch Passanten am Straßenrand. Vivi e lascia vivere. Leben und leben lassen. Wobei wir uns dann schon wundern, dass bei der ein oder anderen Fahrweise so wenige ihr Leben lassen. Wir biegen ab Richtung Cuneo - immerhin die Alpenstadt des Jahres 2024.

Das Städtchen am Fuße der Seealpen bietet sich für eine Übernachtung an, um am nächsten Morgen gestärkt in die Emilia-Romagna aufzubrechen. Wer hier von Donnerstag auf Freitag einen Stopp einlegt, sollte den örtlichen Markt besuchen. Die Vielfalt und Qualität der angebotenen regionalen Obst- und Gemüsesorten ist eindrucksvoll. Anschließend heißt es für den Audi RS 3 und die Alfa Romeo Giulia Quadrifoglio: Kilometerschrubben auf der Autostrada. Die angepeilte Abfahrt ist Castel San Giovanni an der Grenze zur Lombardei.

Während dieser gut zweieinhalbstündigen Etappe lernen wir besonders italienische Handwerker und Kurierfahrer näher kennen. Die Fahrer von allerhand Ducatos und Doblòs sind stets in großer Eile, aber nicht verlegen, neben der Morgenzigarette in der einen, dem Telefon in der anderen Hand und dem Kaffee irgendwo dazwischen noch ihre Wertschätzung gegenüber der in Rosso Competizione lackierten Giulia auszudrücken. Wobei wir auf unserer Fahrt auch immer wieder positive Rückmeldungen zum RS 3 erhalten haben.

Audi RS3 & Giulia QV - Aufstige
Gasse Fiat Panda

Aufstieg in die Emilia-Romagna: Purer Kurvenexzess

Es geht nun weiter nach Corano, die Landschaft wird wieder bergiger, und wir können in eben dieser Ortschaft ein Restaurant (es ist das einzige) sehr empfehlen. Spätestens ab diesem Zeitpunkt beginnt es nicht nur kulinarisch spannend zu werden. In Mittelitalien, so heißt es, sind alle Straßen geil. Und da können wir nur zustimmen. Wir vermeiden an dieser Stelle exakte Routenempfehlungen, um einerseits diese ruhigen Flecken Erde nicht einer Horde Instagramer auszusetzen und andererseits, weil sich viele tiefergelegte (Sport-)Autos für die nun folgenden Passagen schlicht nicht eignen.

Wir verlassen die normalen Landstraßen, um uns besseren Forst-, Wald- und Wiesengassen zu widmen. Solchen, die die Einheimischen nutzen, die schmal und alles andere als eben sind (sorry, Giulia). Bis rüber nach Varano de’ Melegari (bekannt durch das Autodromo Riccardo Paletti und das Dallara-Museum, aber ausnahmsweise nicht für seine guten Restaurants) bekommen wird beinahe endloses Kurvengeschlängel geboten. Es sind gleichzeitig die Sternstunden des RS 3: pure Emotionen durch den heißer klingenden Fünfzylinder, ein alles verzeihendes Fahrwerk und die präzise Lenkung lassen Audis alte Verbundenheit in den Rallye-Sport erkennen. Walter hätte auf diesen Sträßchen wohl ebenfalls seine größte Freude.

Alfa Romeo Giulia Gebäck

Halbzeit: Haben wir die richtige Autowahl getroffen?

Während der RS 3 über breite Frostaufbrüche, grobe Verwerfungen, tiefe Dellen und gleich komplett fehlende Asphaltdecken unbeirrt hinwegfegt, beginnt in der Quadrifoglio das große Slalomfahren. Sie kauert halt eine ganze Spur näher am Belag. Doch ganz gleich, wie gefahren: es macht einen Heidenspaß! Noch dazu, weil wir über mehrere Stunden hinweg den Gegenverkehr an einer Hand abzählen können. Gleiches gilt übrigens für vernünftige Tankstellen. Super 95 ist meist das Höchste der Gefühle. Nicht unbedingt ideal für die beiden hochgezüchteten Sportmotoren.

Wir eilen im Anschluss Richtung Lama Mocogno, in dessen Herzen sich eine weitere Restaurantempfehlung, besonders für Fleischliebhaber befindet. Jährlich findet dort im Oktober zudem das "Parmigiano-Reggiano da gustare"-Festival statt, das sich unmissverständlich an die Käsefans unter uns richtet. Von dort aus nehmen wir Lamporecchio in der Metropolregion Florenz ins Visier. Halbzeit - und ein guter Moment, um innezuhalten. Haben wir die richtige Autowahl für diese Reise getroffen? Ja, besonders die nur noch als Gebrauchtwagen erhältliche Giulia QV begeistert. Maßgeblich durch ihr leichtfüßiges Handling, den fein ansprechenden Motor, aber auch durch ihre angenehm geschnittenen Sportsitze, die explizit für die Lansgtrecke taugen.

Audi RS3 & Giulia QV - Passo
Audi RS3 & Giulia QV - Passo Audi RS3 Lenkrad

Die Schwächen der einen, sind die Stärken des anderen

Dass der 90-Grad-V6 im Teillastbereich manches Mal klingt wie ein Diesel, sich das Wandlergetriebe im Automatikmodus zum Kraftschluss bitten lässt und die tiefere Bedienung einige Fragen aufwirft - geschenkt! Niemand ist perfekt und charakterformende Unausgereiftheiten kennt auch der RS 3. Um es mit den Worten von Trainerlegende Giovanni Trapattoni auszudrücken: Was erlauben Audi? Diese Art von Lenkrad gehört nicht in diese Art von Auto, das Infotainment-System kann nicht gut mit Apple CarPlay und als großgewachsene Menschen hegen wir zudem unsere Zweifel, ob es die RS-Schalensitze wirklich braucht. Frei von Kritik ist dagegen der 2,5-Liter-Fünfzylinder, der nicht nur dreht und klingt wie ein Wilder, sondern vorzugsweise in der Schweiz mit unter acht Litern gefahren werden kann. Dass das Siebengang-S-tronic-Getriebe auf PDK-Niveau schaltet, soll ebenfalls nicht unerwähnt bleiben.

Weiter im Text mit dem Rückweg. Denn der weitere Weg in die Toskana bleibt uns aus zeitlichen Gründen leider verwehrt. Von Lamporecchio geht es hinauf in das Örtchen Mongardino Grotta, parallel zur Autobahn A1. Auch hier lässt es sich ausgezeichnet speisen, ein bestimmtes Restaurant hat es gar in den Guide Michelin geschafft. Deutlich weniger exklusiv geht es da einige Zeit später im Industriegebiet von Campogalliano zu. Der Vorort von Modena war bis 1995 die Heimat von Bugatti und die Geburtsstätte des 700.000 DM teuren Supersportwagen EB 110. Vom einstigen Glanz ist nicht viel übrig geblieben. Auch die Markenlogos und Aufschriften sind mittlerweile entfernt oder überklebt worden, lassen sich mit etwas Fantasie aber hier und da trotzdem noch erkennen.

Audi RS3 & Giulia QV - Bugatti Schild
Audi RS 3 dynamic Bugatti Straße

Ende Gelände bei Bugatti: Besuch des alten Werks in Campogalliano

Wer die Rückseite des Komplexes befährt, parkt an einem angeschlachteten Ford Ka, hat aber einen guten Blick auf die ehemaligen Werkshallen. Bemerkenswert, dass die Bauten nach so langer Zeit nicht zusammengefallen sind. Der Anblick des ehemaligen Bugatti-Werks stimmt in jedem Fall nachdenklich - der sonntägliche Verkehr auf der Autobahn nach Mailand ebenso.

Bevor es zurück nach Deutschland geht, übernachten wir mit unseren Sportlimousinen noch einmal in Italien. In Intra, nahe der Schweizer Grenze am Lago Maggiore. Im Oktober nicht mehr überfüllt von Touristen, sind die Hotelpreise moderat, und in Hanglage in San Martino gibt es eine sagenhafte Pizzeria, deren rustikales Ambiente nicht abschrecken sollte.

Audi RS3 & Alfa Giulia QV Ende

Resümee: Beide sind Sieger der Herzen

Am Ende zeigt diese Reise durch Italien: Oftmals geht es nicht darum, einfach nur von A nach B zu kommen. Dafür ist das Elektroauto heute vielleicht schon die bessere Wahl. Doch für eine Tour wie diese, über kurvige Bergpässe, auf engen Gassen und vorbei an kleinen Trattorien, darf es auch in Zukunft gerne etwas lauter, unvernünftiger und damit auch emotionaler sein.

Der Audi RS 3 und die Alfa Romeo Giulia Quadrifoglio haben sich dabei tief in unsere automobilen Herzen gefahren. Beide Sportlimousinen sind in ihrer Art inzwischen rar geworden. Nicht nur wegen ihrer einzigartigen Motoren, sondern wegen ihres Charakters. Sie verkörpern für uns jene Leidenschaft, die das Autofahren einst ausgemacht hat. Sind echte Fahrerautos 2025 also noch begehrenswert? In unseren Augen mehr denn je. (Text & Bild: Thomas Vogelhuber)

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